9. Öffentliche Anhörung der Präsidentin und Präsidenten der Nachrichtendienste des Bundes durch das Parlamentarische Kontrollgremium
Hybride Kriegsführung, Spionage, Terrorismus: Nachrichtendienste fordern entschlossenes Handeln zum Schutz der Demokratie
In der neunten Öffentlichen Anhörung des Parlamentarischen Kontrollgremiums berichteten die Amtsleitungen der drei deutschen Nachrichtendienste des Bundes heute in Berlin über die aktuellen Gefahren und Herausforderungen für Deutschlands Sicherheit.
Den gewählten Mitgliedern des Parlamentarischen Kontrollgremiums standen die Präsidentin des Bundesamtes für den Militärischen Abschirmdienst, Martina Rosenberg, sowie die neuen Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Sinan Selen, und des Bundesnachrichtendienstes, Martin Jäger, Rede und Antwort.
Schwerpunkte der Fragestunde in diesem Jahr sind Gefahren für Deutsch-land und seine Partner durch autoritäre Staaten, Bedrohungen durch extremistische Bestrebungen sowie Reformbedarfe bei den Nachrichtendiensten in Zeiten zunehmender hybrider Bedrohung und transnationaler Herausforderungen.
BND-Präsident Martin Jäger:
„Das Handeln Russlands ist darauf angelegt, die NATO zu unterminieren, europäische Demokratien zu destabilisieren, unsere Gesellschaften zu spalten und einzuschüchtern. Die hybriden Mittel, derer sich Russland dazu bedient, sind mittlerweile allgegenwärtig. In ihrer Häufigkeit stellen diese Einzelereignisse eine neue Qualität der Konfrontation dar. Eine Konfrontation, in welcher Russland uns als Gegner und als Kriegspartei betrachtet. Auf weitere Lageverschärfungen müssen wir uns vorbereiten.
Was für Russland gilt, gilt zunehmend auch für andere internationale Akteure.
Unser besonderes Augenmerk gilt daneben der regionalen Stabilität im Nahen und Mittleren Osten. Auch in Nordafrika, auf dem Westlichen Balkan, im Kaukasus oder in Asien vollziehen sich Entwicklungen, die unsere Interessen und unsere Sicherheit unmittelbar beeinträchtigen können. Die Bedrohung durch den internationalen Terrorismus besteht fort, hat zuletzt sogar wieder zugenommen.
Toleranz, Zurückhaltung und Nachgiebigkeit werden uns von Gegnern wie Russland als Schwäche ausgelegt. Auch für den Bundesnachrichtendienst gilt daher: Wir müssen unsere Gegner konfrontieren, wo immer dies nötig ist. Dazu werden wir kontrolliert und konsequent höhere Risiken eingehen. Hierzu braucht es neben der gesellschaftlichen Akzeptanz den Rückhalt und das Vertrauen der Politik und des Gesetzgebers. Gemeinsam müssen wir das BND-Gesetz an den Realitäten unserer neuen Zeit ausrichten.“
BAMAD-Präsidentin Martina Rosenberg:
„In einer Zeit, geprägt von hybriden Bedrohungen durch autoritäre Staaten, in der Konflikte nicht mehr nur mit Panzern, sondern mit Drohnen, Cyberangriffen und Desinformation ausgetragen werden, bewegen wir uns in einem bedrohlichen Spannungsfeld, in dem Nachrichtendienste als erster Schutzwall fungieren.
Diese hybriden Gefahren, gepaart mit Spionage, Sabotage und extremistischen Strömungen gefährden die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr und der NATO.
Als Nachrichtendienst für die Bundeswehr gilt es für das BAMAD durch verstärkte Prävention eine noch engere nationale und internationale Zusammenarbeit, die Sicherheit Deutschlands, den Schutz der Angehörigen der Bundeswehr und die Verteidigung unserer demokratischen Werte jederzeit und überall sicherzustellen.
Die dafür dringend benötigten Reformen der gesetzlichen Grundlagen sowie die Verbesserung der Ressourcen der Nachrichtendienste sind dankenswerter Weise auf den Weg gebracht worden, um so hoffentlich zeitnah mit gut ausgestatteten Behörden den vielfältigen Herausforderungen gestärkt entgegentreten zu können.“
BfV-Präsident Sinan Selen:
„Multipolare Bedrohungen gefährden in ungekanntem Ausmaß die Demokratie, Wirtschaft und Sicherheit in unserem Land.
Russland verfolgt aggressiv seine machtpolitischen Ambitionen gegen Deutschland, die EU und seine westlichen Verbündeten. Russische Dienste modifizieren fortlaufend die Eskalationsstufen ihrer Aktivitäten mit dem strategischen Ziel, die liberalen Demokratien zu schwächen. In der Konsequenz detektieren wir ein breites Spektrum von Spionage, Desinformation, Einflussnahme, Sabotage und Cyberangriffen ausländischer Akteure und Staa-ten in Deutschland. Neben Russland nehmen China und Iran Schlüsselpositionen für den Bereich nachrichtendienstlicher Aktionen und transnationaler Repression ein.
Das letzte Jahr hat unsere Warnungen bestätigt: Der islamistische Terrorismus ist ungebrochen eine große Gefahr für die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürgern. Schwere Gewalttaten benötigen oftmals keine komplexen Planungen, sondern gehen von radikalisierten Einzeltätern mit vergleichsweise einfachen Tatmitteln aus, die selten über langjährige Kontakte in die islamistische Szene verfügen. Radikalisierung findet online mit zunehmender Geschwindigkeit statt. Die frühzeitige Detektion von jihadistischen Anschlagsplanungen und potenziellen Terroristen hat weiterhin unsere höchste Aufmerksamkeit.
Wir haben es zudem weiterhin mit einem gewaltbereiten politischen Extremismus zu tun, der immer hemmungsloser auftritt. Dabei befassen wir uns intensiv mit dem Phänomen neuer aktionsorientierter Gruppierungen mit teils minderjährigen Mitgliedern, hoher Gewaltbereitschaft und starker digitaler Vernetzung.
Wir fokussieren uns auf Kernrisiken und betrachten die Herausforderungen nicht getrennt, sondern nehmen dabei die zunehmende Vernetzung und Querverbindungen der Akteure in den Blick. Denn als Abwehrdienst ist es unsere Mission, mit agilen Strukturen stets überzeugende operative Antworten zu geben.“
Bundesnachrichtendienst
Pressestelle
Chausseestraße 96–99A
10115 Berlin
+49 (0) 3020 453-630
E-Mail: pressestelle@bnd.bund.de
Web: www.bnd.de
Bundesamt für den Militärischen Abschirmdienst
Pressestelle
Konrad-Adenauer-Kaserne
Brühler Str. 300
50968 Köln
+49 (0) 221 9371-2783
E-Mail: bamadpressestelle@bundeswehr.org
Bundesamt für Verfassungsschutz
Pressestelle
Merianstraße 100
50765 Köln
+49 (0) 22899 792-3838
+49 (0) 3018 792-3838
E-Mail: pressestelle@bfv.bund.de
Web: www.verfassungsschutz.de