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Rede von BfV-Präsident Thomas Haldenwang auf dem Symposium "70 Jahre Verfassung – 70 Jahre Schutz" des LfV Hamburg

Thema: "Die wehrhafte Demokratie und ihre Feinde"

Datum 23.05.2019

Sehr geehrter Herr Senator Grote,
sehr geehrte Frau Harnack,
lieber Thorsten Voß,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

herzlichen Dank für die Einladung zu Ihrem Symposium nach Hamburg, der ich sehr gerne gefolgt bin – denn der 70. Geburtstag unseres Grundgesetzes (GG) ist wahrlich ein Grund zu feiern!

Es ist nicht alltäglich, dass es Feste zu Ehren von Gesetzen gibt. Aber heute feiern wir viele Segnungen unserer jüngeren Geschichte:

  • Wir feiern 70 Jahre Frieden und Freiheit,
  • wir feiern 70 Jahre Rechtsstaatlichkeit
  • und wir feiern die wehrhafte Demokratie, die sich seit 70 Jahren gegen innere und äußere Gegner bewährt.

Meine Damen und Herren,
mit der sogenannten "Stunde Null" endeten Krieg und Gewaltherrschaft durch den Nationalsozialismus. Der deutsche Sündenfall von

  • Militarismus,
  • Rassismus
  • und Vernichtungspolitik

wurde teuer bezahlt – nicht zuletzt durch die Teilung Deutschlands und weiteren 40 Jahren Diktatur auf dem Staatsgebiet der DDR.

Mit Blick auf die wehrhafte Demokratie möchte ich aber nicht von einer "Stunde Null" sprechen, – denn es gab sie in gewisser Weise bereits vorher: Sie existierte in den

  • Herzen,
  • Köpfen
  • und Handlungen mutiger Männer und Frauen, die auch nach 1933 für ihre demokratischen Überzeugungen einstanden – und dafür auch in die Lager und den Tod gingen!

Wenn wir uns Politiker wie Otto Wels, Kurt Schumacher oder Konrad Adenauer vor Augen führen, dann ist klar:

Es gab streitbare Demokraten – aber keine wehrhafte Demokratie!

Denn es ist ja ein Faktum:
1933 ging die Weimarer Republik nach nur 15 Jahren unter.

Alle demokratischen Traditionslinien in Deutschland wurden vom politischen Extremismus und Totalitarismus zerrissen – jedoch nicht vernichtet!

Etliche Mitglieder des Parlamentarischen Rates waren über 60 Jahre alt, hatten Kaiserreich und Weimarer Republik durchlebt sowie nationalsozialistische Verfolgung überlebt.

Vor diesem Erfahrungshorizont – dem Untergang der Weimarer Republik durch politischen Radikalismus und Extremismus – stifteten die Väter und Mütter des GG eine Demokratie, die auch institutionell wehrhaft ist!

Oder, in den Worten des Juristen und prägenden Autor der Verfassung, Carlo Schmid:

„Notfalls müsse man den Mut zur Intoleranz denen gegenüber aufbringen, die die Demokratie gebrauchen wollen, um sie umzubringen.“

Auf dem Boden West-Deutschlands wurde damit der Grundstein für eine beispiellose Erfolgsgeschichte gelegt.

Das GG wurde der Grundstein der Restauration von Menschenwürde und Rechtsstaatlichkeit – auf den Trümmern von 12 Jahren Tyrannei und Unrecht.

Das GG wurde der Grundstein und das Fundament, auf dem sich unsere im Wesentlichen erfolgreiche Nachkriegsgeschichte und die Wiedervereinigung entwickeln konnten.

Dieses Glück erscheint umso größer, wenn man die Herausforderungen bedenkt, die es zu meistern galt:

  • die Teilung und Besatzung Deutschlands;
  • der Wiederaufbau und die Aussöhnung Europas;
  • die Sicherung des Friedens im Ost-West-Konflikt
  • und die Wiedervereinigung Europas unter demokratischen Vorzeichen.

Aber dieses Glück fiel nicht vom Himmel, sondern wurde erwirtschaftet:

  • durch standfeste Demokraten,
  • krisenfeste Bündnisse
  • und wehrhafte Institutionen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,
ich nenne an dieser Stelle einen der größten Söhne Hamburgs, in dessen langem Leben und Wirken sich diese Aspekte vereinen:
Altbundeskanzler Helmut Schmidt.

Mit einer Lebensspanne von 97 Jahren durchlebte Helmut Schmidt das 20. Jahrhundert, – das der britische Historiker Eric Hobsbawm das „Zeitalter der Extreme“ nannte.

Wie alle Bundeskanzler vor und nach ihm wirkte Helmut Schmidt darauf hin, dass der Ost-West-Konflikt in Europa ein „Kalter Krieg“ blieb.

Allerdings fühlte er sich dabei stets einem sicherheitspolitischen Realismus verpflichtet! Für viele seiner Generation war dies kein Widerspruch, – denn sie konnten biographisch bezeugen, dass Demokratien zerstört werden können.

Und so vernachlässigte Schmidt nie die äußere wie innere Wehrhaftigkeit der Demokratie:

  • Ich erinnere nur an die heftigen Kontroversen um den NATO-Doppelbeschluss, als sich das Bündnis zum Warschauer Pakt neu positionieren musste.
  • Und ich erinnere an den sogenannten „Deutschen Herbst“ 1977 und den Kampf gegen den Terrorismus der RAF:
    Die linksextremistischen Terroristen scheiterten nicht zuletzt an der Standhaftigkeit Helmut Schmidts, der den Rechtsstaat in der Stunde der Not nicht aufhob, sondern mit dessen Mitteln dem Terrorismus erfolgreich die Stirn bot!

Im nüchternen Realismus des Altkanzlers kommt ein wichtiger Punkt unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung zum Ausdruck:

  • Nie wieder soll der Bürger für eine Religion oder eine Ideologie entrechtet und geknechtet werden können!
  • Die liberale Demokratie lässt sich nicht auf politische Heilslehren ein!
  • Sie zieht ihre Legitimation aus den Verfahren des Rechtsstaates!
  • Sie schützt die Würde des Menschen vor dem Zugriff ungezügelter Politik!
  • Sie will keine politische Utopie oder einen Gottesstaat errichten, sondern verzichtet auf eine verbindliche, allumfassende Sinnstiftung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,
der Blick auf die Vergangenheit darf uns nicht die Sicht auf die Gegenwart verstellen. Ihre Herausforderungen nehmen uns in die Pflicht.

Als Leiter einer Sicherheitsbehörde muss man derzeit nicht „Klinkenputzen“, um Gehör zu finden – im Gegenteil!

Themen der Sicherheit dominieren die öffentliche Berichterstattung und die Gemüter der Bürger. Das hat Gründe:

  • Die Welt ist reich an Krisen, Kriegen und großen Aufgaben.
  • Alte politische Gewohnheiten, alte Bündnisse und alte Gewissheiten verlieren ihre Bindekraft.
  • Migration und neue Technologien konfrontieren uns unmittelbar mit fremden Menschen, Meinungen und Motiven.

In der Summe ist die Zukunft wenig berechenbar geworden.
All dies führt naturgemäß zu Verunsicherung.

Und so überrascht es nicht, dass die steigende Komplexität einer globalisierten Welt auch dem Extremismus Vorschub leistet.

Ich sagte es gerade:

  • Unsere freiheitlich demokratische Grundordnung entbindet den Bürger von Ideologie.
  • Unser GG garantiert Freiheitsrechte und verkündet keine Heilslehre.

Und genau hier setzen religiöse wie politische Extremisten an!
Sie mobilisieren Gefolgschaft durch Weltanschauung.

Ihr Geschäftsmodell ist es,

  • Komplexität durch eine Freund-Feind-Ideologie zu reduzieren,
  • Konflikte zu verschärfen
  • und Gewalt gegen Mitmenschen und die freiheitlich demokratische Grundordnung zu legitimieren.

Dies ist im Wesentlichen der unveränderliche Kern des Extremismus – und zieht sich durch alle Phänomenbereiche, die der Verfassungsschutz beobachtet:

Islamisten und Jihadisten propagieren einen Gottesstaat mit überirdischer Gesetzgebung. Sie unterteilen die Welt in Gläubige und Ungläubige, – wobei letztere aggressiv missioniert, bekämpft oder im Zweifel gar getötet werden müssen.

Rechtsextremisten lehnen die Gleichheit aller Menschen ab und predigen den Rassenkampf als politisches Prinzip. Im autoritären Führerstaat sehen sie ihre militanten Interessen bestens gewahrt.

Linksextremisten attackieren den Staat und seine Rechtsordnung zugunsten eines vermeintlichen Klassenkampfes. Sie instrumentalisieren gesellschaftliche Kontroversen und suchen deren Verschärfung, um Gewalt auf die Straße zu bringen.

Hamburg – meine Damen und Herren – wurde während des G20-Gipfels leidgeprüft und bedarf keiner weiteren Erklärung zur Militanz von Linksextremisten!

In letzter Konsequenz befürworten Extremisten Gewalt gegen

  • den Staat,
  • die bestehende Eigentumsverhältnisse,
  • und Menschen anderer Herkunft, anderen Glaubens oder
    anderer politischen Gesinnung.

Da unsere freiheitlich demokratische Grundordnung auf

  • Sicherheit,
  • Ausgleich,
  • Zusammenhalt
  • und Fairness im politischen Wettstreit basiert,

zielen Extremisten und extremistische Terroristen exakt auf diese
Werte, um sie zu zerstören:

  • Durch den Primat der Ideologie lehnen sie jeden Ausgleich von Interessen ab.
  • Durch radikale Systemkritik und Militanz schüchtern sie den politischen Gegner und die Zivilgesellschaft ein.
  • Zusammenhalt und Fairness müssen verschwinden, damit aus dem politischen Wettbewerb ein Kampf um den Staat und seine Bürger werden kann.

Extremisten agitieren zugunsten einer abstrakten Ideologie, die alle Widersprüche auflösen soll – sei es

  • im „gesunden Volkskörper“,
  • in einer „klassenlosen Gesellschaft“
  • oder in einem „Gottesstaat“.

Und religiöser wie politischer Terrorismus attackiert das Herz aller staatlichen Gewalt: das Sicherheitsversprechen an seine Bürger!

Terroristen versuchen, in sinnloser Raserei zu demonstrieren, dass der Staat seine Bürger nicht ausreichend schützen kann.

Politisches Vertrauen und der gesellschaftliche Frieden sollen – sinnbildlich gesprochen – in die Luft gesprengt werden!

Meine sehr geehrten Damen und Herren
neben der Tatsache, dass Extremisten traditionell in Zeiten realer oder gefühlter Umbrüche Zuwachspotential verzeichnen, beobachten wir verschiedene Indikatoren, die die Arbeitsbelastung des Verfassungsschutzes spürbar erhöhen:

  • sei es eine allgemeine Verrohung der politischen Kultur,
  • der zunehmende Vertrauensverlust gegenüber Leitmedien und öffentlichen Funktionsträgern,
  • oder der Siegeszug digitaler Kommunikationsmittel, die den politischen Diskurs anfällig machen für Manipulation und Hetze.

Es ist längst ein Mantra des Bundesamtes für Verfassungsschutz, dass die neuen, digitalen Kommunikationstechnologien alle unsere Phänomenbereiche dynamisieren.

Betrachten wir es zunächst abstrakt:

  • Erstens: Digitale Technologien streuen Informationen in Echtzeit und zum „Nulltarif“ in die Fläche – das heißt:
    Auf horizontaler Ebene vernetzt die Digitalisierung die globale Kommunikation. Sie erhöht damit auch die Reichweite von Weltanschauungen und Ideologien.
  • Zweitens: Auf vertikaler Ebene kommen immer mehr Akteure hinzu. Jede Privatperson, die sich einen Internetzugang leisten kann, ist ermächtigt, den Cyberraum und seine Nutzer zu bespielen.
  • Drittens: Digitale Technologien machen Kommunikation nicht nur massenkompatibel, sondern auch smart! Mit dem Kauf eines Smartphone kann sich heute jeder Nutzer Ortungs-, Verschlüsselungs- und Videoschnitt-Techniken aneignen.

Was bedeutet dies konkret?

  • Es bedeutet, dass unzählige nationale wie internationale Sender-Empfänger-Verhältnisse entstehen, die häufig anonym und verschlüsselt kommunizieren und publizieren.
  • Es bedeutet ein enormes Mobilisierungspotential digitaler Plattformen und Chat-Communities.
  • Es bedeutet den Verlust von einer gemeinsamen Öffentlichkeit, die für Demokratien existentiell ist.
  • Es bedeutet die Gefahr der berüchtigten Echokammern in sozialen Medien, die Weltanschauungen zementieren und abweichende Meinungen negieren.
  • Und es bedeutet die Anfälligkeit der Meinungsbildung für
    Desinformation und Fake News.

All diese Faktoren können natürlich die Sicherheitslage beeinflussen.

  • Der sogenannte Islamische Staat (IS) ist bekanntlich gar nicht darstellbar ohne seine aktive Medienarbeit im Cyberraum. In Nahost militärisch geschlagen, inspiriert er global weiter seine Anhänger effektiv mit digitalen, popkulturellen Marketingstrategien.
  • Oftmals beginnt die jihadistische Rekrutierung und Radikalisierung im virtuellen Raum, entlädt sich in der Realwelt mit realen Taten und realen Toten.
  • Dies ist die Reduktion des Terrorismus auf seine nackte Substanz: die Propaganda der Tat, die um ihrer selbst willen vollzogen wird und Nachahmer inspirieren soll.

Die Verschränkung von Terrorismus und digitaler Technik beschränkt sich freilich nicht allein auf den Islamismus:

Der rechtsterroristische Attentäter von Christchurch, der in zwei Moscheen 50 Menschen tötete und etliche weitere verletzte, übertrug sein Attentat via Helmkamera live in die Foren und Plattformen Sozialer Medien!

Dieser Anschlag vereinigt viele Aspekte, die für das aktuelle Verständnis von Extremismus und Terrorismus relevant sind:

  • Der Attentäter bindet sich nicht erkennbar an eine rechtsextremistische Organisation, sondern kommuniziert und radikalisiert sich maßgeblich im Cyberraum.
  • Seine Tat inszeniert er wie ein Egoshooter-Computerspiel.
  • Er lässt die Nutzer von Plattformen und Foren am Tod von unschuldigen Menschen teilhaben.
  • Er nutzt die brutale Gewalttat als Trigger und Marketing für sein schriftliches Manifest, damit seine Botschaft die Tat überdauert.

In seinem Manifest nimmt er unter anderem Bezug auf die Migrationspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel und greift die im rechten Spektrum populäre Erzählung eines „großen Bevölkerungsaustausches“ auf.

Am Ende sehen wir

  • eine lokale Tat,
  • die durch das Netz zu einem globalen Ereignis wird,
  • globale Bezüge aufweist
  • und lokale Nachahmer finden soll.

Wenn wir uns nun bewusst machen, dass Terrorismus in seinem Kern nur eine perverse, gewaltförmige Kommunikationsstrategie ist, dann liegt auf der Hand, warum Terroristen das Netz als Bühne mit globalem Publikum nutzen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,
vor 10 Tagen hat das Bundesamt für Verfassungsschutz sein jährliches Symposium speziell einem Aspekt gewidmet:

Der Mobilisierungsfähigkeit des politischen Extremismus.

Dabei haben wir die Orte der Mobilisierung thematisiert – seien sie im Netz oder in der sogenannten Realwelt.

In der Realwelt kennen wir zum Beispiel

  • die Stände von Salafisten in deutschen Fußgängerzonen mit der Koran-Verteil-Aktion „Lies!“. Der dahinterstehende Verein „Die Wahre Religion“ ist mittlerweile verboten.
  • Wir sehen Linksextremisten in den Bäumen des Hambacher Forsts: Eine Debatte über die Themen Tagebau und Klimaschutz wird aufgegriffen, unterwandert und für Gewaltakte genutzt– zum Beispiel gegen die RWE Power AG.
  • Und wir beobachten sogenannte Musik- und Kampfsportveranstaltungen, in deren Kontext Rechtsextremisten finanzielle Mittel generieren und die Szenebildung vorantreiben.

Im virtuellen Raum bieten

  • Social-Media-Plattformen wie Facebook oder Twitter Extremisten eine Bühne für ihr Agenda-Setting.
  • Und Messenger-Dienste wie WhatsApp und Telegram dienen dem verschlüsselten Austausch von sensibler Kommunikation.

Die Nutzung dieser Messenger-Dienste ist bekanntlich für Strafverfolgungsbehörden und Nachrichtendienste ein Problem, weil die dortige Verschlüsselung eine technische Hürde ist, die wir selten überwinden können.

Es ist nun wichtig, zu verstehen, dass erst die Wechselwirkung beider Sphären – zwischen virtuellem wie realem Raum – die hohen Mobilisierungseffekte bedingt.

Dabei können wir langwierige, strategische Mobilisierungskampagnen beobachten – wie zum Beispiel beim G20-Gipfel: Die schweren Krawalle in Hamburg durch einen internationalen Mob waren auch durch Kampagnen auf digitalen Plattformen langfristig organisiert und koordiniert.

Und wir sehen Mobilisierungskampagnen, die durch Spontanereignisse in kürzester Zeit eine große Dynamik entwickeln können – wie zum Beispiel bei den Ereignissen in Chemnitz 2018.

Dort schafften es Rechtsextremisten, eine mutmaßlich schwere Straftat mit tödlichem Ausgang zu instrumentalisieren und das Protestgeschehen zu dominieren.

Soziale Medien sorgten für eine bisher ungekannte ad-hoc-Mobilisierung diverser Akteure und für eine virale Verbreitung von Fake News.

Am Ende sahen wir genau diejenige Erosion zwischen rechtsextremistischen und nicht-extremistischen Positionen, vor denen der Verfassungsschutz seit geraumer Zeit warnt!

Die Dynamik der Mobilisierung in Chemnitz kam nicht aus dem „Nichts“, sondern vor allem aus dem „Netz“!

Meine sehr geehrten Damen und Herren,
der Rückblick auf 70 Jahre Frieden, Freiheit und Sicherheit soll uns bestärken, dass wir hier und heute – am 23. Mai – allen Grund haben, unser GG und unsere freiheitlich demokratische Grundordnung zu feiern.

Der Rückblick soll uns ermutigen, optimistisch und selbstbewusst zu sein, denn

  • wir haben eine streitbare Demokratie
  • zwei Generationen standhafter Demokraten
  • und eine starke Zivilgesellschaft.

Wir haben ein Fundament, das die Weimarer Reichsverfassung nie hatte!

Aber wir haben auch neue Risiken, wie sie die Weimarer Republik nie hatte!

Ich habe die klar erkennbaren Gegner unserer Demokratie skizziert – global vernetzte religiöse und politische Extremisten – und ihre Fähigkeiten im Digitalzeitalter gestreift.

Daneben gibt es bekanntlich weitere Gefahrenherde, vor denen der Verfassungsschutz eindringlich warnt, weil sie nicht offen erkennbar unsere Demokratie strapazieren. Ich nenne

  • Spionage,
  • Sabotage
  • oder hybride Bedrohungen.

Auch diese Gefahrenherde potenzieren ihre Fähigkeiten durch Cybertechnologien. Wenn durch Cyberangriffskampagnen

  • der Wettbewerbsvorteil von Wirtschaft und Forschung geplündert,
  • Kritische Infrastruktur infiltriert,
  • politische Institutionen ausspioniert
  • und Wahlkämpfe „gehackt“ werden können,

dann besteht kein Zweifel an der Tatsache, dass unsere Demokratie auch im Cyberraum wehrhaft sein muss.

Es besteht auch kein Zweifel, dass Sicherheitsbehörden kein Selbstzweck sind. Deshalb müssen sie in die Lage versetzt werden, erfolgreich ihrem gesetzlichen Auftrag nachkommen zu können.

Dies bedeutet im 21. Jahrhundert verstärkt den Erwerb von

  • technischen Fähigkeiten
  • und personellen Möglichkeiten,

um

  • Extremisten,
  • Terroristen
  • und fremden Nachrichtendiensten im Cyberraum auf der Spur bleiben zu können – mit Quellen-TKÜ auf Endgeräten oder dem Instrument der Online-Durchsuchung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,
aus dem Mund von Nachrichtendienstlern provozieren gesetzliche Wünsche bekanntlich Kritik.

Vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte ist diese Kritik sehr verständlich, – aber deshalb noch lange nicht sachlich richtig!

Unsere Kritiker können sich oftmals nicht vorstellen, dass es Verfassungsschützer sehr ernst meinen, wenn sie sagen:

Wir begrüßen parlamentarische Kontrolle.

Wir begrüßen die Setzung eines gesetzlichen Rahmens, indem wir uns bewegen müssen.

Kontrolle ist für uns eine Selbstverständlichkeit! Denn sie ist Ausdruck des hohen Gutes, dass wir schützen!

Aber auch den Kritikern von Sicherheitsbehörden wird zunehmend bewusst, dass ohne Sicherheit die Risikobereitschaft von Menschen sinkt, sich konstruktiv und aufgeschlossen auf die großen Herausforderungen unserer Zeit einzulassen.

Wer sich ernsthaft bedroht fühlt, ist eher bereit, seine Freiheit für billige Sicherheitsversprechen einzutauschen.

In den totalitären Regimen des 20. Jahrhunderts verschwanden Millionen Menschen durch die Schergen enthemmter Sicherheitsdienste – zugunsten der Friedhofsruhe von Ideologien, die keine Opposition duldeten.

Deswegen wurde vor 70 Jahren mit dem Grundgesetz und neuen Sicherheitsbehörden ein Schutzwall errichtet, hinter dem totalitäre Ideologien und ihre Auswüchse verschwinden sollen.

Deswegen schlägt unser Herz für eine wirksame Kontrolle von wirksamen Sicherheitsbehörden!

Wir wollen mit unserer Arbeit täglich belegen, dass unsere Demokratie mit den Mitteln des Rechtsstaates seine Bürger und ihre verfassungsmäßigen Rechte schützen kann
– auch in den kommenden 70 Jahren!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.