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Die "Antifa": Antifaschistischer Kampf im Linksextremismus.

Die Aufnahme stammt von der 25. Silvio-Meier-Demo am 27. November 2017 in Berlin-Friedrichshain und zeigt Anhänger der „Antifa“, die ein Transparent hoch halten.

Nach Gewalttaten oder Ausschreitungen von Linksextremisten, aber auch bei Aufrufen oder Kundgebungen, die sich gegen tatsächliche oder vermeintliche "Faschisten" richten, wird häufig von "der Antifa" (Antifaschistische Aktion) gesprochen, geschrieben oder gar ihr Verbot gefordert. Auch ist das "Antifa"-Symbol regelmäßig bei Demonstrationen, Veranstaltungen, auf Plakaten oder im Internet zu sehen.

Aber was genau ist "die Antifa"?

Der wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages (Quelle) konstatierte im Jahr 2018, dass dem "Antifaschismus" kein einheitliches Handeln oder ein in sich geschlossenes politisch-ideologisches Konzept attestiert werden könne.

Und so tauchen in diesem Zusammenhang dann auch verschiedenste Gruppierungen auf, die das Wort "Antifa" in ihrem Namen tragen, aber in Zweck und Ausrichtung ihrer Aktionen nicht homogen sind und gerade vor dem Hintergrund verfassungsschutzrelevanter Bemühungen differenziert betrachten werden müssen.

Begriff des "Antifaschismus"

Der Begriff Antifaschismus ist umstritten, eine einheitliche Definition kaum möglich. Für die einen ist Antifaschismus ein demokratisches Grundprinzip, für die anderen ein linksextremistischer Kampfbegriff. Bedeutsam für das jeweilige Verständnis ist vor allem, was die jeweiligen Akteure konkret unter dem Begriff des Faschismus verstehen.

picture alliance / akg-images | akg-images

"Antifaschismus" wurde in Deutschland ursprünglich Anfang der 1920er Jahre von der "Kommunistischen Partei Deutschlands" (KPD) als antikapitalistischer Kampfbegriff eingeführt.

Seitdem hat sich der Begriff allerdings weiterentwickelt und diverse Ausprägungen erfahren. So entwickelte sich bereits in der Zeit des Nationalsozialismus ein staatstragender, bürgerlich-liberaler "Antifaschismus", der für den Erhalt beziehungsweise für die Wiederherstellung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit eintrat und den man heute mit dem Kampf gegen Neonazismus und Rechtsextremismus im Allgemeinen verbindet.

Dagegen wird das linksextremistische Aktionsfeld "Antifaschismus" hauptsächlich von autonomen Linksextremisten geprägt. Diese verstehen "Faschismus" als die reaktionärste, chauvinistischste und imperialistischste Form des "Kapitalismus". Nach linksextremistischer Lesart meint "Kapitalismus" die untrennbare Einheit von demokratischem Rechtsstaat und marktwirtschaftlicher Eigentumsordnung, welche allein der Manifestierung von Ausbeutungs- und Unterdrückungsverhältnissen dienen würde.

Die "Antifaschistische Aktion"

Wer im linksextremistischen Kontext von "der Antifa" spricht, meint damit die "Antifaschistische Aktion". Bundesweit gibt es mehrere lokale Gruppierungen und Initiativen, die sich in lockeren Verbindungen, oft zeitlich begrenzt und mit wechselnden Personen unter dieser Bezeichnung zusammenfinden. Die "Antifa" im Sinne einer bundesweit agierenden, klar umgrenzten Organisation oder strukturell auf eine gewisse Dauer verfestigten Gruppierung existiert derzeit nicht.

Die historische "Antifaschistische Aktion" wurde ursprünglich im Jahr 1932 von der KPD ausgerufen. Schon damals war sie keine Organisation, sondern eine kommunistische Sammelbewegung. Mit ihr wollte man sich von der als "faschistisch" bezeichneten NSDAP genauso abgrenzen wie von der "Eisernen Front", einer Bewegung aus republiktreuen Kräften, die gegen den Extremismus von rechts und links eintrat.

Das Symbol der "Antifa" beinhaltete damals noch zwei nach links geneigte rote Doppelfahnen, eine für die kommunistische KPD, eine für die sozialistische Basis der SPD. Die SPD als Gesamtpartei, die Teil der "Eisernen Front" war, wurde von der KPD dagegen ebenfalls als "faschistisch" abgelehnt.

Sachelle Babbar/ZUMAPRESS.com/picture alliance

Zur gleichen Zeit gründeten sich zudem antifaschistische "Häuserschutzstaffeln" und "antifaschistische Selbsthilfegruppen", die sich in der Endphase der Weimarer Republik blutige Auseinandersetzungen auf offener Straße mit den Kampfverbänden der NSDAP lieferten. Es war ein Kampf totalitärer Weltanschauungen in einer Zeit, in der die Demokratie in einem Reichstag mit NSDAP und KPD keine Mehrheit mehr hatte.

Auch das heutige Symbol der "Antifa" steht nicht für eine einzelne Organisation. Es beinhaltet vielmehr die Botschaft, dass es bei der "Antifaschistischen Aktion" eben nicht um zivildemokratisches Engagement geht, sondern um die Abgrenzung vom "bürgerlichen" oder "staatskonformen" Kampf gegen den Rechtsextremismus. Dies zeigen auch die nach bzw. gegen rechts geneigten Doppelfahnen. Anders als beim historischen Vorbild beinhaltet das Symbol heute eine schwarze Fahne, die für den autonomen Anarchismus steht. Die rote Fahne symbolisiert unverändert den Sozialismus. Entsprechend dieser Bedeutung findet das "Antifa"-Symbol vor allem im Linksextremismus breite Verwendung und zwar insbesondere im gewaltorientierten Teil der Szene, für den das Symbol Zeichen militanter Aktionsformen ist. 

Linksextremistisches Aktionsfeld "Antifaschismus"

Für den Verfassungsschutz relevant sind die Ausprägungen des Begriffs "Antifa", die den autonomen "Antifaschismus" bzw. das linksextremistische Aktionsfeld "Antifaschismus" betreffen.

So rufen unter dem Motto "Antifa heißt Angriff" insbesondere autonome Linksextremisten regelmäßig zu von Ihnen so bezeichneten "Gegenaktionen" zum Nachteil ihrer Meinung nach "faschistischer" Personen, Gruppen oder Institutionen auf. Gemeint ist damit letztlich nichts anderes als die Begehung von Straftaten wie Sachbeschädigungen, Brandstiftungen oder teils erheblicher Körperverletzungen, bei denen in Einzelfällen auch der Tod von Menschen in Kauf genommen wird.

Gewaltbereitschaft

Linksextremistische Gewalttäter zielen mit ihren Angriffen nicht nur auf ihr konkretes Opfer. Der andauernde, gewaltsam geführte "antifaschistische Kampf" soll vielmehr eine breite Wirkung entfalten.

Die Aufnahme zeigt Linksautonome der Antifa bei einer unerlaubten 1. Mai-Demonstration auf dem Heumarkt. in Köln am 01. Mai 2020
picture alliance / Geisler-Fotopress | Christoph Hardt/Geisler-Fotopres

Gezielt wollen Linksextremisten unter von ihnen als "rechts" oder rechtsextremistisch ausgemachten Personen ein Klima der Angst erzeugen. So soll der politische Gegner um jeden Preis aus der Öffentlichkeit gedrängt und von der Bekundung unliebsamer Meinungen abgehalten werden.

Ein Beispiel für "antifaschistisch" motivierte Gewalttaten:

Am 16. Mai 2020 wurden in Stuttgart (Baden-Württemberg) drei Männer auf dem Weg zu einer Corona-Demonstration mit dem Titel "Mahnwache für das Grundgesetz" mit Faustschlägen und Tritten angegriffen. Im Laufe des Angriffs traten die Täter einem am Boden liegenden Mann unter anderem mehrfach gegen den Kopf und fügten ihm lebensgefährliche Verletzungen zu. Der Betroffene musste stationär im Krankenhaus behandelt werden, lag nach der Tat lange Zeit im Koma und befand sich vorübergehend in akuter Lebensgefahr. Der Geschädigte war vor Ort als Mitglied einer unabhängigen Gewerkschaft bekannt, die bereits öfters im Fokus "antifaschistischer" Proteste stand.

Die Auswahl der Opfer, das Vorgehen der Täter und die ideologische Rechtfertigung der Tat in einem Beitrag auf der von Linksextremisten genutzten Internetplattform "de.indymedia" sprechen eindeutig für einen "antifaschistisch" motivierten Angriff gewaltbereiter Linksextremisten. So veröffentlichten anonyme Autoren, die sich als "einige Antifas" bezeichneten, am 27. Mai 2020 ein Selbstbezichtigungsschreiben mit dem Titel "Zum antifaschistischen Angriff am 16. Mai in Stuttgart / Zur Frage antifaschistischer Gewalt". In diesem sollte die Tat damit legitimiert werden, dass man Auftritte und Meinungsbekundungen von "Faschisten" soweit wie möglich verhindern wolle: "Wir treiben den gesundheitlichen, organisatorischen und materiellen Preis dafür in die Höhe. Sie sollen mit Schmerzen, Stress und Sachschaden rechnen und dadurch möglichst isoliert, gehemmt, desorganisiert und abgeschreckt werden."

Öffentliche Bloßstellung und Einschüchterung

Neben Sachbeschädigungen, Brandstiftungen und Körperverletzungen gehören auch sogenannte "Outing-Aktionen" zum Repertoire gewaltorientierter Linksextremisten. Bei diesen werden Bilder und personenbezogene Daten von tatsächlichen oder vermeintlichen "Faschisten" auf Plakaten, Flyern oder einschlägigen Websites veröffentlicht, um diese in ihrem Umfeld zu brandmarken und sozial zu ächten. Zudem wird hierdurch die Möglichkeit eröffnet, selbst gegen die betroffenen Personen vorzugehen. Häufig werden die "Outings" mit einem mehr oder weniger verklausulierten Aufruf verbunden, Straf- und Gewalttaten zum Nachteil der Betroffenen zu begehen.

Die Aufnahme vom 8. Mai 2018 aus Demmin (M-V) zeigt "Antifa"-Demonstranten, die mit einem Transparent ("An Geschichte erinnern heißt handeln statt vergessen - Nazis und Rassisten den Kampf ansagen") gegen einen Aufmarsch der NPD demonstrieren.
picture alliance / Bernd Wüstneck/dpa | Bernd Wüstneck

Unabhängig davon, ob es im Nachgang einer "Outing-Aktion" zu entsprechenden Taten kommt, wird so ein Bedrohungsszenario aufgebaut und die jeweils "geoutete" Person eingeschüchtert, da sie jederzeit mit einem Angriff auf sich, die eigene Familie oder das Eigentum rechnen muss. Darüber hinaus müssen die auf diese Weise an den öffentlichen Pranger gestellten Menschen in der Regel zumindest mit nachteiligen Auswirkungen auf ihre berufliche Situation rechnen.

Ein Beispiel für "antifaschistisch" motivierte "Outing-Aktionen":

Auf "de.indymedia" veröffentlichten im Mai 2020 anonyme Autoren Bilder und die Adresse von zwei Personen aus Duisburg (Nordrhein-Westfalen), bei denen es sich laut des Beitrags um Rechtsextremisten handele. Zusätzlich habe man, so hieß es auf der Website weiter, in der Nähe des Wohnorts der beiden entsprechende Flyer und Plakate verteilt. Einen Monat später stellten daraufhin anonyme Autoren ein Selbstbezichtigungsschreiben auf "de.indymedia" ein, in dem sie sich zu einem Farbangriff auf die Fahrzeuge der beiden zuvor "geouteten" Personen bekannten.

Organisierter linksextremistischer "Antifaschismus"

Neben dem unabhängigen Agieren in kleinen Gruppen von besonders gewaltbereiten Linksextremisten wird der "antifaschistische Kampf" auch in bundesweiten linksextremistischen Bündnissen und Kampagnen organisiert. Ein Beispiel ist das kommunistische "…ums Ganze!"-Bündnis, ein Zusammenschluss eigenständiger, lokal verankerter Gruppen der autonomen Szene, die ihre Kräfte mit dem Ziel bündeln, überregional wahrnehmbar und handlungsfähig zu sein. Regional agieren die einzelnen Mitgliedsgruppen autark, bei Großveranstaltungen und Aktionsbündnissen treten sie öffentlich als "…ums Ganze!"-Bündnis in Erscheinung.

Die Aufnahme zeigt Demonstranten, die am 29.Januar 2017 in Oberhausen (Nordrhein-Westfalen) mit dem Transparent "Nationalismus ist keine Alternative" gegen den Landesparteitag der AfD protestieren.
picture alliance / Roland Weihrauch/dpa | Roland Weihrauch

Am 31. Januar 2016 initiierte das "…ums Ganze!"-Bündnis ein bundesweites "Antifa"-Treffen in Frankfurt am Main, bei dem die Kampagne "Nationalismus ist keine Alternative" (NIKA) gegründet und die Alternative für Deutschland (AfD) als "Erste-Klasse-Gegner" eingestuft wurde. Die AfD sei aber nur die "Spitze des braunen Eisbergs" im "kapitalistischen System". Auch andere Akteure, die vermeintlich für massenhafte Abschiebungen und eine Abschottungspolitik stehen sollen, befinden sich im Fokus der NIKA-Kampagne. Zu diesen zählen staatliche Institutionen, politische Parteien, aber auch private Unternehmen. Zum Vorgehen der NIKA-Kampagne gehören Störaktionen an Wahlkampfständen oder bei Parteitagen, "Outing-Aktionen", Sachbeschädigungen und körperliche Übergriffe zum Nachteil von Mitgliedern der AfD oder anderen Personen, die aus Sicht der NIKA-Kampagne "faschistisch" sind.

Gefahr für die freiheitliche demokratische Grundordnung

Aufgrund seiner auch demokratischen Ausprägung ist der Begriff des "Antifaschismus“ nicht ausschließlich linksextremistisch besetzt. Seit seiner Einführung wird er allerdings mehrheitlich von Linksextremisten vereinnahmt, die im Namen des "antifaschistischen Kampfes" zu Straf- und Gewalttaten gegen aus ihrer ideologischen Definition nach "faschistischen" Personen oder Institutionen aufrufen.

picture alliance / imageBROKER | Björn Kietzmann

Den gesellschaftlichen Konsens gegen den Rechtsextremismus versuchen Linksextremisten dabei gezielt auszunutzen, um von Demokraten als Partner akzeptiert zu werden und ihren gewalttätigen Angriffen auf Menschen eine scheinbare Legitimität zu verleihen. Durch die hierdurch geschaffene Anschlussfähigkeit eröffnet sich Linksextremisten die Möglichkeit, ihre ideologischen Positionen in die Gesellschaft einfließen zu lassen.

Das übergeordnete Ziel der "Antifa" im Sinne des autonomen "Antifaschismus" bzw. des linksextremistischen Aktionsfelds "Antifaschismus" ist dabei weiterhin die Überwindung des "Kapitalismus" und zwar nicht durch politische Reformen, sondern durch einen Umsturz der bisherigen Staats- und Gesellschaftsordnung. Der "Antifaschismus" im linksextremistischen Sinn richtet sich also gerade nicht nur gegen als solche ausgemachte oder tatsächliche Rechtsextremisten, sondern auch immer gegen den Staat und seine freiheitliche demokratische Grundordnung, welche kontinuierlich ausgehöhlt werden soll.