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Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten.

Die Aufnahme zeigt eine 3D-Grafik im Zusammenhang mit dem Internet der Dinge-Konzept, auf der mehrere Icons im Zusammenhang mit der digitalen Kommunikation zu sehen sind

Gegen Deutschland gerichtete Spionageaktivitäten fremder Mächte werden vielgestaltiger und ausgefeilter; sie umfassen menschliche Quellen genauso wie Cyberangriffe.

Deutschland mit seiner Rolle in EU, NATO und anderen internationalen Organisationen ist Ziel vielfältiger politischer Spionage. Die geopolitischen und geoökonomischen Umbrüche infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine und der politischen und ökonomischen Verwerfungen nach der Coronapandemie sowie Chinas Streben nach Einfluss und Macht hatten im Berichtsjahr 2022 zur Folge, dass das Agieren fremder Nachrichtendienste immer stärker in den Vordergrund rückte.

Spionage, Cyberangriffe, Desinformation sowie unzulässige ausländische Einflussnahme, Proliferation und Staatsterrorismus haben erhebliche negative Auswirkungen für Deutschland. Insbesondere beeinträchtigt das rechtswidrige Agieren fremder Nachrichtendienste die nationale Souveränität. Außenpolitische Verhandlungspositionen und der gesellschaftliche Zusammenhalt können geschwächt, die freie Meinungs­ und Willensbildung gestört werden. Die Ausforschung und Unterwanderung oppositioneller Gruppen aus Drittstaaten durch ausländische Dienste in Deutschland können zu einem Klima der Angst führen und eine Gefahr für Leib und Leben darstellen. Spionage und Cyberangriffe verursachen zudem erhebliche betriebs­ und volkswirtschaftliche Schäden. Angriffe auf unsere wirtschaftliche Prosperität haben außerdem eine destabilisierende Wirkung auf unsere Demokratie und den gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Russsischer Angriffskrieg gegen die Ukraine

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine seit dem 24. Februar 2022 bestimmte im Berichtsjahr die Arbeit der Spionageabwehr. Gerade in Kriegszeiten ist das Agieren der russischen Nachrichtendienste als fester Bestandteil der russischen staatlichen Sicherheitsarchitektur von hoher Bedeutung für die russische Führung.
Vor dem Hintergrund der Sanktionen gegen Russland und der Unterstützung der Ukraine durch westliche Staaten, darunter Deutschland, haben russische Nachrichtendienste ein erhöhtes Aufklärungsinteresse.

Im Zuge des russischen Angriffskriegs rücken sogenannte hybride Bedrohungen zunehmend in die öffentliche Wahrnehmung. Unter anderem gehört neben Cyberangriffen und Sabotageaktionen auch das gezielte Streuen und Weiterverbreiten von Desinformation zum Repertoire der illegitimen Einflussnahme fremder Staaten.

Mehr zum Thema: „Der russische Angriffskrieg und seine Folgen für das nachrichtendienstliche Agieren Russlands gegen Deutschland“

Einflussnahme und Desinformation

Die Abbildung zeigt Monitore mit Darstellungen aus der Medienwelt.
iStock | Danil Melekhin

Hierbei versuchen fremde Staaten insbesondere, die öffentliche Meinung in ihrem Sinne zu beeinflussen, um so auf politische Entscheidungsprozesse einzuwirken. Fremde Staaten nutzen dazu neben ihren Nachrichtendiensten auch andere staatliche Kapazitäten oder staatlich beeinflusste Organisationen. Entsprechende illegitime Einflussnahmeaktivitäten erfolgen oft auch unter gezielter Verschleierung der Herkunft beziehungsweise Urheberschaft oder Absichten.

Mehr zum Thema: „Desinformation als Mittel gezielter Einflussnahme fremder Staaten“

Russische Nachrichtendienste

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine wirkt sich auf das Agieren und die Handlungsmöglichkeiten der russischen Nachrichtendienste in Deutschland aus. Die westlichen Sanktionen – insbesondere die Ausweisung von insgesamt mehr als 400 Angehörigen russischer diplomatischer Vertretungen vor allem aus der EU, darunter 40 aus Deutschland im April 2022 – führten zu Bestrebungen der russischen Dienste, ihre Aufklärungsbemühungen anders auszurichten.

Russische Nachrichtendienste versuchen, neue Mitarbeiter nach Deutschland an die Legalresidenturen zu bringen oder mit dem Bestand an Personal die frühere Tätigkeit wieder aufzunehmen beziehungsweise weiterzuführen. Mittel- und langfristig dürften sie sich darum bemühen, andere Wege der nachrichtendienstlichen Informationsbeschaffung einzuschlagen, die ihnen aus ihrer jahrzehntelangen Arbeit vertraut sind.

Im Blickpunkt der russischen Nachrichtendienste stehen sämtliche Politikfelder, die einen möglichen Bezug zu Russland haben. Im Zuge der westlichen Sanktionen wegen des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs Russlands rückten die Bündnispolitik im Rahmen der EU sowie der NATO, aber auch die Außen- und Wirtschaftspolitik stärker in den Fokus.

Die Aktivitäten russischer Nachrichtendienste in Deutschland bewegten sich schon vor Kriegsausbruch seit vielen Jahren auf hohem Niveau. Die nachdrücklichen Spionageaktivitäten erstrecken sich mit unterschiedlicher Intensität auf die Zielbereiche Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Technik sowie Militär.

  • Am 18. November 2022 verurteilte das OLG Düsseldorf (Nordrhein-Westfalen) einen deutschen Staatsangehörigen wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit gegen Deutschland in Tateinheit mit geheimdienstlicher Agententätigkeit gegen den NATO-Vertragsstaat Vereinigte Staaten von Amerika zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Der Angeklagte hatte von Oktober 2014 bis August 2018 zur Informationsbeschaffung eines russischen Nachrichtendienstes in Deutschland beigetragen, indem er seinen an der Russischen Botschaft in Berlin tätigen Kontaktpersonen Dokumente und Informationen übermittelte, die deren Aufklärungszielen entsprachen.
  • Anfang November 2022 bekannte sich ein ehemaliger Mitarbeiter der britischen Botschaft in Berlin bei einem Prozess in Großbritannien schuldig, Dokumente aus seinem Arbeitsbereich an einen russischen Nachrichtendienst weitergegeben zu haben. Er war im August 2021 in Deutschland festgenommen und später an Großbritannien ausgeliefert worden. Bei den gemeinsamen Ermittlungen deutscher und britischer Behörden konnten zahlreiche Beweise für eine geheimdienstliche Agententätigkeit des Mannes gesichert werden. Im Februar 2023 verhängte ein Gericht in London gegen ihn eine Freiheitsstrafe von 13 Jahren und 2 Monaten.

Ein weiterer Schwerpunkt russischer Spionage bleibt die deutsche und europäische Energiepolitik. Fragen der Energieversorgung sind gerade für Russland als Exporteur fossiler Brennstoffe von besonderer Bedeutung. Seit Längerem nutzte Russland seine Gaslieferungen, um politischen Druck zu erzeugen. Eine mögliche Gasmangellage und die gestiegene Inflation wurden 2022 instrumentalisiert, um Ängste in der Gesellschaft zu vertiefen.

Die schon vorher hochfrequente und umfassende Verbreitung prorussischer Narrative, staatlicher Propaganda und von Desinformation hat seit Beginn des russischen Angriffskriegs noch einmal deutlich an Intensität gewonnen.

Die Abbildung die Webseite von Russia Today mit einem darauf abgebildeten Panzer
picture alliance |ZUMAPRESS.com | Muhammed Ibrahim Ali

Diese Aktivitäten zielen insbesondere darauf ab, im Verborgenen oder unter Vortäuschung falscher Tatsachen Einfluss auf politische Entscheidungs- und Funktionsträgerinnen und -träger auszuüben, das Vertrauen der Bevölkerung in die Stabilität und Handlungsfähigkeit der demokratischen Institutionen und Mechanismen zu untergraben, die westliche Wertegemeinschaft zu diskreditieren und Bündnisse wie EU und NATO zu schwächen.

Dafür greift Russland bedeutende aktuelle politische sowie gesellschaftliche Ereignisse und Entwicklungen auf und adaptiert seine Einflussnahmestrategie daran.

Gerade Verbreitungskanäle im Bereich der sozialen Medien werden von staatlichen oder staatsnahen Akteuren verstärkt genutzt, um dort ihre Inhalte und Narrative an einen möglichst großen Personenkreis zu verbreiten. Neben staatlichen Akteuren spielen Influencerinnen und Influencer sowie Aktivistinnen und Aktivisten eine gesteigerte Rolle als Multiplikatoren von Propaganda und Desinformation für Russland.

Mehr zum Thema: Informationsangebot der Bundesregierung zur Desinformation.

Cyberaktivitäten

Im Hinblick auf Cyberaktivitäten hat sich die bereits vor dem Angriffskrieg hohe Gefährdungslage weiter verschärft, wobei Kollateralschäden und Spillover­Effekte (länderübergreifend) in Kauf genommen werden.
Die beobachteten Angriffsoperationen sind regelmäßig auf Informationsbeschaffung ausgerichtet, können aber auch Sabotage zum Ziel haben oder dem Zweck der Einflussnahme dienen. So nutzen russische Cyberakteure auch Cyberangriffe, um Desinformation und Propaganda zu verbreiten, oder unterstützen damit Desinformationskampagnen. Letztlich sollen so russische Interessen durchgesetzt und die westliche Unterstützung für die Ukraine geschwächt werden.

Chinesische Nachrichtendienste

Die Aufnahme zeigt eine stilisierte Weltkugel vor binären Zahlencodes.
picture alliance / Klaus Ohlenschläger

Die Nachrichtendienste Chinas sind mit umfangreichen Befugnissen ausgestattet und dienen maßgeblich dem Machterhalt der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh). Sie spielen eine wesentliche Rolle im Kontext des von der Staats- und Parteiführung verfolgten Ziels, bis 2049 Weltmacht mindestens auf Augenhöhe mit den USA zu werden und den globalen Führungsanspruch der Volksrepublik durchzusetzen („Chinese Dream“).

Sie sind ebenso beteiligt am Umbau der Volkswirtschaft zu einer führenden Industrienation sowie an der Umsetzung wirtschaftspolitischer Masterpläne zur Erlangung von Markt- und Technologieführerschaft in strategischen Sektoren. Zudem sind die chinesischen Dienste in Einflussnahmeaktivitäten involviert, mit denen die KPCh versucht, die Interessen der Staats- und Parteiführung im Ausland durchzusetzen. China handelt bei seiner strategischen Ausrichtung planvoll und langfristig und denkt nicht in Jahren oder Legislaturperioden. Ähnlich langfristig ist auch die offensive Cyberstrategie, die durch umfangreichen Wissenstransfer einen wichtigen Beitrag zu den industrie- und geopolitischen Zielen des Landes leisten soll.

Für die Realisierung seiner ambitionierten Industriepolitik nutzt China Spionage in Wirtschaft und Wissenschaft, kauft ganz oder teilweise deutsche Unternehmen der Spitzentechnologie und wirbt gezielt Wissensträgerinnen und -träger an. Erkenntnisse zu Struktur, Bewaffnung und Ausbildung der Bundeswehr stehen auf der Agenda chinesischer Dienste, ebenso wie die Beschaffung moderner Waffentechnik aus der deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie.

Zu den Aufgaben der Nachrichtendienste gehört ferner die Kontrolle und Steuerung der in Deutschland ansässigen chinesischen Auslandsgemeinde.
Der engen Anbindung der in Deutschland lebenden ethnischen Chinesinnen und Chinesen dienen auch die sogenannten Übersee­Polizeistationen (ÜPS). Dabei handelt es sich nicht um offizielle diplomatische Einrichtungen, sondern um informelle Übersee­Dependancen lokaler chinesischer Polizeieinheiten aus typischen Auswandererregionen Chinas. Diese werden nicht von chinesischen Polizeibeamten, sondern von verdienten, linientreuen Auslandschinesen – zum Teil mit deutscher Staatsangehörigkeit – geleitet.  Es handelt sich um illegitime Parallelstrukturen, die China zur Ausspähung und Beeinflussung der chinesischen Diaspora in Deutschland nutzen könnte. Zu ihren Aufgaben gehören die Unterstützung bei diversen polizeilichen und behördlichen Angelegenheiten, aber auch das Sammeln von Informationen über Mitglieder der Diaspora oder über Meinungsbilder und die Propagierung ideologischer Leitlinien der KPCh in der Diaspora.

Auch im Jahr 2022 verübten mutmaßlich staatliche oder staatlich gesteuerte chinesische Akteure gezielt Cyberangriffe auf Unternehmen, Behörden und Privatpersonen sowie auch gegen politische Institutionen. Das BfV beobachtete im Jahr 2022 anhaltende Angriffskampagnen wahrscheinlich chinesischer staatlicher Cyberakteure insbesondere in Europa – auch in Deutschland – und in weiteren westlichen Staaten.

Iranische Nachrichtendienste

Die (geo-)politische Lage im Nahen und Mittleren Osten sowie die Demonstrations- und Protestbewegung in Iran prägen die nachrichtendienstlichen Aktivitäten des theokratisch regierten Staates.

Die Bekämpfung oppositioneller Gruppierungen und Einzelpersonen im In- und Ausland stellt jedoch den Schwerpunkt iranischer nachrichtendienstlicher Aktivitäten dar. Diese gelten aus Sicht der Machthaber Irans als Gefährdung für den Fortbestand des Regimes. Besonders deutlich zeigte sich das am harten Vorgehen der Machthaber in Iran gegen Demonstrierende im Zusammenhang mit den seit September 2022 stattfindenden Protesten gegen die Staatsführung. Der Ton des Machtapparates auch gegenüber Deutschland hat sich 2022 im Zuge der Proteste und internationalen Solidarisierung verschärft. Beispielsweise hat die iranische Führung „den Westen“ und namentlich auch Deutschland für die Proteste verantwortlich gemacht.

Die Aufnahme zeigt Djamshid Sharmahd sitzend im Gerichtssaal
picture alliance/dpa | Koosha Falahi/Mizan/dpa Der Deutsch-Iraner Djamshid Sharmahd im Strafverfahren in Teheran 2022.

Nachrichtendienste der Islamischen Republik Iran nutzen auch das Mittel des Staatsterrorismus zur Durchsetzung ihrer Ziele. Maßgebliche staatsterroristische Ziele sind die Einschüchterung und Neutralisierung von Oppositionellen, aber auch die Bestrafungen von „Verrätern“ oder „Überläufern“.

Iranreisende – sowohl iranische als auch deutsche Staatsangehörige – müssen seit einiger Zeit verstärkt damit rechnen, dort willkürlich verhaftet und möglicherweise auch angeklagt zu werden. Ferner häufen sich seit 2022 gezielte nachrichtendienstliche Ansprachen zum Zweck einer Verpflichtung zur Zusammenarbeit mit iranischen Nachrichtendiensten. Dies gilt insbesondere für Personen, die durch iranische Stellen mit einer oppositionellen Gruppierung in Verbindung gebracht werden oder bei denen Kontakte zu Personen aus der oppositionellen Szene vermutet werden. Besonders gefährdet sind Personen mit deutscher und iranischer Staatsangehörigkeit.

Türkische Nachrichtendienste

Die türkischen Nachrichtendienste und Sicherheitsbehörden sind zentrale Stellen im türkischen Staatsapparat. Sie dienen der türkischen Regierung, dem Staatspräsidenten und dessen Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung (AKP) zur Durchsetzung der Regierungspolitik, der Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit und nicht zuletzt der Informationsbeschaffung, um politische Entscheidungen vorzubereiten. Türkische Nachrichtendienste spähen in Deutschland Vereinigungen und Einzelpersonen aus, die tatsächlich oder mutmaßlich in Opposition zur türkischen Regierung stehen. Vorrangiges Aufklärungsziel sind aber Organisationen, die die Türkei als extremistisch oder terroristisch einstuft.

  • Am 14. Juli 2022 verurteilte das OLG Düsseldorf (Nordrhein-Westfalen) einen türkischen Staatsangehörigen wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubtem Erwerb und Besitz von Munition zu einer Haftstrafe von einem Jahr und neun Monaten auf Bewährung. Der Verurteilte hatte gestanden, personenbezogene Daten von in Deutschland lebenden türkischen Oppositionellen an türkische Nachrichtendienste übermittelt zu haben. Außerdem verurteilte das OLG Düsseldorf einen deutschen Staatsangehörigen als Zuträger dieses Verurteilten am
    10. November 2022 unter anderem wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit zu einer Haftstrafe von neun Monaten, ausgesetzt zur Bewährung.

Proliferation

Staaten, die nach Massenvernichtungswaffen streben, sind bei der Entwicklung und Herstellung solcher Waffen und Trägersysteme auf den Weltmarkt angewiesen, auch wenn sie teilweise erhebliche eigene technologische Fortschritte verzeichnen. Die Verfassungsschutzbehörden 2022 eine konstant hohe Anzahl an Anhaltspunkten für proliferationsrelevante Beschaffungsversuche von Iran für sein Nuklearprogramm feststellen.

Dem BfV liegen außerdem Hinweise auf russische proliferationsrelevante Aktivitäten unter Umgehung von Sanktionen und Verschleierung tatsächlicher Endverwender vor. Bereits im Juli 2014 hatte die EU aufgrund der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim ein Waffenembargo, Handelsbeschränkungen und Einschränkungen beim Zahlungsverkehr beschlossen. Als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg hat die EU seit Ende Februar 2022 mehrere Sanktionspakete gegen Russland erlassen, die deutlich über die bisherigen Beschränkungen hinausgehen.

  • Am 15. Juli 2022 verurteilte das OLG Dresden (Sachsen) einen deutschen Staatsangehörigen wegen gewerbsmäßiger Verstöße gegen das Außenwirtschaftsgesetz (AWG). Der verurteilte Unternehmer hatte ohne Genehmigung von 2017 bis 2020 verschiedene Güter mit doppeltem Verwendungszweck nach Russland exportiert, darunter technische Geräte und Laborausrüstung, die für die Entwicklung von ABC-Waffen oder die Entwicklung von Flugkörpern zu deren Ausbringung verwendet werden können. Das OLG verurteilte den Angeklagten zu einer Haftstrafe von drei Jahren und drei Monaten. Die Taterträge von rund 986.000 Euro wurden zugunsten des Bundes eingezogen.

China betreibt bereits seit Jahren ein umfassendes System des Technologie- und Know-how-Transfers, um seine zivile und militärische Entwicklung voranzutreiben. Besonders im Fokus stehen dabei Emerging Technologies (EMT) wie Quantentechnologie, Künstliche Intelligenz, Hyperschalltechnik, Überwachungstechnologie oder Biotechnologie, denen militärisch eine immer größere Bedeutung zukommt. Im Jahr 2022 war Deutschland innerhalb der EU erneut eines der wichtigsten Ziele chinesischer Investitionen, die auf legalem Weg den Zugriff auf Technologien, Know-how oder geistiges Eigentum ermöglichen. Direktinvestitionen bieten China nicht nur die Möglichkeit, Innovationsrückstände auszugleichen und einen technologischen Vorsprung zu erzielen, sondern eröffnen auch das Tor zu politischer Einflussnahme, Spionage und Sabotage. Direktinvestitionen in Bereichen wie insbesondere sensible Technologien oder Kritischen Infrastrukturen können überdies Risiken für die öffentliche Sicherheit in Deutschland bergen.

Prävention

Die Aufnahme zeigt einen Mann, der ein Sicherheitsschild aufrecht stehen lässt und hierdurch verhindert, dass eine Reihe von Dominosteinen fällt
Andrey Popov / iStock / Getty Images Plus

Im Berichtsjahr 2022 war auch die Arbeit des Präventionsbereichs des Verfassungsschutzes wesentlich durch den russischen Angriffskrieg und die aus ihm resultierenden Gefährdungen geprägt. Im Mittelpunkt stand der Schutz von Unternehmen und Forschungseinrichtungen vor Spionage­ und Sabotageaktivitäten, aber auch vor möglichen Kollateralschäden durch Angriffe auf andere Ziele. Der russische Angriffskrieg und seine Folgen für den Wirtschafts­ und Wissenschaftsstandort standen auch im Mittelpunkt lagebezogener Ad­hoc­Sensibilisierungen besonders gefährdeter Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Behörden sowie von Veranstaltungen.

Mehr zum Thema: Wirtschafts- und Wissenschaftsschutz