Rechtsextremismus und rechtsextremistischer Terrorismus.

Personenpotenzial
Das rechtsextremistische Personenpotenzial umfasste Ende 2024 nach Abzug von Mehrfachzuordnungen 50.250 Personen (2023: 40.600). Die Zahl der Rechtsextremisten, die als gewaltorientiert eingestuft werden, ist auf 15.300 Personen (2023: 14.500) angestiegen.
Rechtsextremismuspotenzial1 | |||
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2022 | 2023 | 2024 | |
In Parteien | 15.500 | 16.300 | 25.000 |
In parteiunabhängigen beziehungsweise parteiungebundenen Strukturen2 | 8.500 | 8.500 | 8.500 |
Weitgehend unstrukturiertes rechtsextremistisches Personenpotenzial3 | 16.000 | 17.000 | 18.000 |
Summe | 40.000 | 41.800 | 51.500 |
Summe nach Abzug von Mehrfachzuordnungen | 38.800 | 40.600 | 50.250 |
Davon gewaltorientierte Rechtsextremisten | 14.000 | 14.500 | 15.300 |
1 Die Zahlen sind zum Teil geschätzt und gerundet. |
Straf- und Gewalttaten
Die Gesamtzahl rechtsextremistischer Straf- und Gewalttaten stieg im Vergleich zum Vorjahr deutlich um 47,4 % an (2023: 25.660, 2024: 37.835). Propagandadelikte (24.177) bildeten wiederum mit 63,9 % den Hauptanteil der rechtsextremistischen Straftaten.
Auch die Zahl der rechtsextremistischen Gewalttaten stieg um 11,6 % auf 1.281 an (2023: 1.148). Körperverletzungsdelikte (1.121) stellten dabei mit 87,5 % der Gesamtzahl den größten Anteil und bewegten sich somit prozentual in etwa auf dem Niveau des Vorjahres (2023: 88,5 %, 1.016).
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Instrumentalisierung von Themen des gesellschaftlichen Diskurses
Zur Verbreitung ihrer Narrative versuchen Rechtsextremisten, an Themen des gesellschaftlichen Diskurses anzuknüpfen und diese für ihre eigenen Zwecke zu instrumentalisieren. So wurde die eskalierende Situation im Nahostkonflikt genutzt, um migrationsfeindliche und antisemitische Positionen zu propagieren. Insbesondere die islamistisch motivierten Gewalttaten von Mannheim (Baden-Württemberg) und Solingen (Nordrhein-Westfalen) führten zu Reaktionen der rechtsextremistischen Szene und rückten den Themenkomplex „Asyl und Migration“ erneut in den Mittelpunkt ihrer Agitation. In diesem Zusammenhang konnte im Vergleich zum Vorjahr erneut ein deutlicher Anstieg von rechtsextremistischen Gewalttaten gegen Asylunterkünfte beobachtet werden.
Die Anzahl der von den Verfassungsschutzbehörden registrierten rechtsextremistischen Kundgebungen bewegte sich 2024 auf einem ähnlich hohen Niveau wie im Vorjahr. Zentrale Themen- und Agitationsfelder waren dabei „Asyl und Migration“, „Queerfeindlichkeit“ sowie „Wahlen“. Personen aus der LSBTIQ-Community sind in den letzten Jahren zunehmend Ziel von Agitation und Angriffen seitens der rechtsextremistischen Szene geworden. Dabei ist neben einem steigenden Niveau der Onlineagitation insbesondere seit Juni 2024 die vermehrt realweltliche und gewaltorientierte Fokussierung, insbesondere im Zusammenhang mit Veranstaltungen zum Christopher Street Day (CSD), in ihrer Intensität eine besorgniserregende Entwicklung.
Vereinsverbote und (vermeintliche) Selbstauflösungen

Am 16. Juli 2024 verbot das Bundesinnenministerium die rechtsextremistische „COMPACT-Magazin GmbH“ sowie deren Teilorganisation „CONSPECT FILM GmbH“ mit der Begründung, dass die „COMPACT-Magazin GmbH“ gegen die Menschenwürde bestimmter Gruppen agitiere, indem sie ein völkisch-nationalistisches Gesellschaftskonzept propagiere und durch migranten-, islam- und muslimfeindliche sowie antisemitische Äußerungen Hass gegen diese schüre. Eine wichtige Rolle der „COMPACT-Magazin GmbH“ liege in der Popularisierung und weitreichenden Verbreitung rechtsextremistischen Gedankenguts der Neuen Rechten und ihre Relevanz für deren Vernetzung. Noch am Tag des Verbotsvollzugs und der damit einhergehenden Durchsuchungsmaßnahmen zeigte sich die rechtsextremistische Szene spektren- sowie organisationsübergreifend solidarisch mit der „COMPACT-Magazin GmbH“.
Am 14. August 2024 beschloss das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), dem Antrag der „COMPACT-Magazin GmbH“ stattzugeben, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen die Verbotsverfügung wiederherzustellen. In seinem Beschluss äußerte das BVerwG Zweifel, ob die die Menschenwürde verletzenden Passagen in den vom Verein herausgegebenen „COMPACT-Magazinen“ für dessen Ausrichtung derart prägend seien, dass ein Verbot unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten gerechtfertigt sei. Eine Entscheidung in der Hauptsache wird im Juni 2025 erwartet.
Selbstauflösungen stellen für Vereine ein probates Mittel dar, um möglichen Verboten zuvorzukommen. 2024 kam es zu zwei Selbstauflösungen rechtsextremistischer Vereine. Dabei handelte es sich zum einen um die rechtsextremistische Kulturvereinigung „Freundeskreis Ulrich von Hutten e.V.“ (FkUvH), die seit Jahrzehnten Rechtsextremisten auf ihren Tagungen ein Forum für die Verbreitung rechtsextremistischen Gedankenguts bot. Zum anderen löste sich der „Verein für Staatspolitik e.V.“, offizieller Träger des „Instituts für Staatspolitik“ (IfS), mit Wirkung vom 17. April 2024 auf. Allerdings wurden bereits im Februar 2024 zwei Gesellschaften neu gegründet („Menschenpark Veranstaltungs UG“ und „Metapolitik Verlags UG“), bei denen sowohl in personeller Hinsicht als auch mit Blick auf die inhaltliche Kontinuität davon auszugehen ist, dass es sich um die Fortsetzung des IfS handelt.
Rechtsextremistische „Erlebniskultur“: Musik, Kampfsport und Fußball
Nach einem stetigen Anstieg der Zahl rechtsextremistischer Musikveranstaltungen in den letzten Jahren und einem Höchststand im Jahr 2023 ging diese im Berichtsjahr erstmals seit zehn Jahren wieder zurück. Weiterhin liegt der Schwerpunkt auf kleinen Veranstaltungen wie Liederabenden und Szenefeiern mit Livemusik. Die Zahl der Konzerte hat sich innerhalb von zehn Jahren halbiert. Die rechtsextremistische Musikszene ist dennoch sehr aktiv und prägt so nicht unerheblich zum Zusammenhalt und zur Vernetzung verschiedener Teile der rechtsextremistischen Szene bei.

Der rechtsextremistischen Kampfsportszene gelang es auch im Jahr 2024 nicht, in Deutschland eigene publikumswirksame Veranstaltungen durchzuführen. Die Partei „Der III. Weg“ organisierte zwar am 5. Oktober 2024 eine Kampfsportveranstaltung in Hachenburg (Rheinland-Pfalz) mit etwa 130 Rechtsextremisten, diese wurde aber von der Polizei aufgelöst.
Die auch international engen Verbindungen der rechtsextremistischen Kampfsportszene zeigte sich am „Day of Glory“, der am 15. Juni 2024 mit etwa 200 Personen (ein Großteil davon deutsche Staatsangehörige) in Frankreich stattfand. Das Kampfsportevent wurde von dem rechtsextremistischen Label „Pride France“ mit Unterstützung der deutschen rechtsextremistischen Organisation „Kampf der Nibelungen“ (KdN) organisiert.
Im Berichtsjahr konnten außerdem intensivierte Vernetzungsbestrebungen zwischen der rechtsextremistischen Kampfsport- und der Hooliganszene registriert werden. Viele rechtsextremistische Hooligans betreiben Kampfsport und nahmen auch im Jahr 2024 an entsprechenden Wettkämpfen teil. Neben der ideologischen Verknüpfung dieser zwei gewaltbereiten Szenen trägt dies auch zu einer Professionalisierung der Gewaltkompetenz rechtsextremistischer Hooligans bei.
Mehr zum Thema: „Rechtsextremistische Erlebniswelt: Musik und Kampfsport“
Gefahr rechtsterroristischer Ansätze
Selbstradikalisierte Täter, die ohne erkennbare Anbindung an bereits bekannte rechtsextremistische Strukturen agieren, stellen aufgrund ihres klandestinen Vorgehens im Zusammenhang mit einer raschen, verstärkt im Internet stattfindenden Radikalisierung eine besondere Herausforderung für die Sicherheitsbehörden dar. Rechtsextremistisch motivierte gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und eine in den letzten Jahren verstärkt im Internet stattfindende Radikalisierung bilden die Basis für rechtsextremistischen Terrorismus.
Exemplarisch hierfür steht die Gruppierung „Sächsische Separatisten“. Deren Mitglieder stehen im Verdacht, eine terroristische Vereinigung gegründet zu haben (§ 129a StGB), deren Ziel - nach einem von ihnen prophezeiten Zusammenbruch der staatlichen und gesellschaftlichen Ordnung an einem unbestimmten „Tag X“ - die bewaffnete Eroberung von Gebieten in Sachsen war. In diesem Zusammenhang sollen auch ethnische Säuberungen vorgesehen gewesen sein. Einzelne Gruppenmitglieder sind dem BfV aus dem parteigebundenen Rechtsextremismus, der Neuen Rechten oder der organisierten Neonaziszene bekannt. Zentrale Protagonisten weisen zudem Bezüge zum militanten Akzelerationismus beziehungsweise zur Siege-Szene auf.
Queerfeindliche rechtsextremistische Aktivitäten

Agitation und Angriffe seitens der rechtsextremistischen Szene gegen Personen aus der LSBTIQ-Community haben in den letzten Jahren zugenommen. Dabei ist neben einem steigenden Niveau der Onlineagitation insbesondere seit Juni 2024 die vermehrt realweltliche und gewaltorientierte Fokussierung, insbesondere in Zusammenhang mit Veranstaltungen zum Christopher Street Day (CSD), besorgniserregend.
Wie im Vorjahr initiierte die rechtsextremistische Szene einen „Stolzmonat“ als „patriotische Gegenbewegung“ gegen den im Juni begangenen sogenannten Pride Month.
Ab Juli 2024 kam es bundesweit – insbesondere durch Personen der gewaltorientierten rechtsextremistischen Szene – wiederholt zu (versuchten) rechtsextremistischen Störaktionen von CSD-Veranstaltungen.
Besonders hervorzuheben sind hierbei Störaktionen mit Teilnehmerzahlen jeweils im dreistelligen Bereich im August 2024 gegen CSD-Kundgebungen in Sachsen (Bautzen, Leipzig und Zwickau) sowie Sachsen-Anhalt (Magdeburg). Als Organisatoren und Veranstalter traten neben klassischen rechtsextremistischen Parteien („Der III. Weg“ sowie deren Jugendorganisation „Nationalrevolutionäre Jugend“ (NRJ), „Die Heimat“ (vormals NPD) und „Freie Sachsen“) vermehrt gewaltorientierte rechtsextremistische Onlinegruppierungen wie etwa „Jung & Stark“ (JS) oder „Deutsche Jugend Voran“ (DJV) in Erscheinung.
Rechtsextremistisches Parteienspektrum

Neben den Wahlerfolgen der „Alternative für Deutschland“ (AfD, Verdachtsfall) vor allem bei den Landtagswahlen in Sachsen (30,6 %), Thüringen (32,8 %) und Brandenburg (29,2 %) konnte 2024 erstmals auch die Regionalpartei „Freie Sachsen“ nennenswerte Wahlergebnisse erzielen. Die übrigen rechtsextremistischen Parteien blieben bei Wahlen hingegen weitestgehend bedeutungslos. Dennoch spielen sie aufgrund ihrer Organisationsstrukturen eine wichtige Rolle bei der internen Vernetzung der rechtsextremistischen Szene.
Seit dem Bundesparteitag am 3. Juni 2023 in Riesa (Sachsen) heißt die „Nationaldemokratische Partei Deutschlands“ (NPD) „Die Heimat“. Programmatisch und ideologisch bleibt die Partei jedoch ihren Überzeugungen treu: Wie sie wiederholt betonte, bedeuteten der neue Name und das modernere Auftreten keineswegs eine Anpassung an das politische System oder eine inhaltliche Mäßigung. Das 2019 begonnene Verfahren zum Ausschluss der Partei von der staatlichen Parteienfinanzierung kam mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 23. Januar 2024 zum Ende: „Die Heimat“ ist für sechs Jahre ausgeschlossen.
Während „Die Heimat“ weiterhin eine markante Mobilisierungsschwäche aufweist, zeigt sich bei ihrer Jugendorganisation „Junge Nationalisten“ (JN) ein deutlicher Zuwachs des Personenpotenzials und Aktivitätsniveaus. Die JN traten vor allem durch öffentlichkeitswirksame Aktionen – insbesondere in Form von Protesten gegen CSD-Veranstaltungen – in Erscheinung. Der bereits in den Vorjahren deutlich wahrnehmbare Niedergang der Partei „DIE RECHTE“1 hat sich 2024 weiter fortgesetzt. Nach der Abkehr zahlreicher Parteiaktivisten bestehen nur noch geringfügige Reststrukturen in Nordrhein-Westfalen (Gelsenkirchen/Recklinghausen) sowie im Landesverband Südwest (Rheinland-Pfalz/Saarland) und in Niedersachsen, die keine relevanten Aktivitäten mehr entfalten.

Die Partei „Der III. Weg“ setzte auch im Berichtsjahr den Ausbau ihrer Strukturen fort: Mit den 3 neu gegründeten Stützpunkten „Ostsachsen“ (Sachsen), „Anhalt“ (Sachsen-Anhalt) und „Bodensee/Südbaden“ (Baden-Württemberg) verfügt sie nun über insgesamt 27 lokale Stützpunkte sowie 4 Landesverbände (Bayern, Brandenburg, Sachsen und West).
Wie im Vorjahr bildete die Nachwuchswerbung einen Schwerpunkt der Parteitätigkeit. Die Jugendorganisation „Nationalrevolutionäre Jugend“ (NRJ) soll Jugendliche durch zielgruppenorientierte Aktionen und Veranstaltungen an die Partei sowie deren Ideologie heranführen und darüber hinaus auch als Reservoir für zukünftige Kader fungieren. Die Kontaktanbahnung erfolgt sowohl über Zusammenkünfte (wie Wanderungen, Kampfsporttraining, Gemeinschaftsveranstaltungen oder Ausflüge) als auch niederschwelliger über diverse soziale Medien. Insbesondere die Internetplattform TikTok wurde dabei zunehmend für die Verbreitung von Propagandaclips genutzt.

Die rechtsextremistische Regionalpartei „Freie Sachsen“ tat sich auch 2024 durch die hohe Anzahl durchgeführter Demonstrationen hervor. Die Partei bewies dabei erneut ihre Fähigkeit, aktuelle, anschlussfähige politische Entwicklungen zu identifizieren, extremistisch umzudeuten und für sich auszunutzen. Die Proteste gegen die Agrarpolitik der Bundesregierung im Winter 2023/2024 nahmen die „Freien Sachsen“ beispielsweise zum Anlass, einen „Tag des Widerstandes“ am 8. Januar 2024 in Dresden (Sachsen) auszurufen, an dem mehrere Tausend Personen teilnahmen.
Abseits des Straßenprotests versuchten die „Freien Sachsen“ auch Einfluss in den Parlamenten zu gewinnen und traten zu den sächsischen Kommunalwahlen im Juni und der Landtagswahl im September 2024 an. Der Parteivorsitzende begründete diese Entscheidung unter anderem damit, dass man nach der „nächsten Wende“ fähige Kommunalpolitiker brauche und daher schon jetzt Erfahrung sammeln müsse. Auch könne man über die Mitarbeit in den Kommunalgremien frühzeitig an Informationen gelangen, die der breiten Öffentlichkeit vorenthalten blieben.
Die „Freien Sachsen“ sehen die politischen Prozesse in erster Linie als nützliches Werkzeug zur Vorbereitung eines Systemwechsels.

Mit Urteil vom 8. März 2022 und Beschluss vom 10. März 2022 bestätigte das Verwaltungsgericht (VG) Köln die durch das BfV vorgenommene Einstufung der „Alternative für Deutschland“ (AfD) als Verdachtsfall aufgrund des Vorliegens tatsächlicher Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen.
Das Oberverwaltungsgericht (OVG) des Landes Nordrhein-Westfalen bestätigte mit Urteil vom 13. Mai 2024 im Berufungsverfahren die Rechtmäßigkeit der Beobachtung der AfD als Verdachtsfall einer rechtsextremistischen Bestrebung durch das BfV.
Gegen die Nichtzulassung der Revision wurde seitens der Partei Beschwerde beim OVG Nordrhein-Westfalen eingelegt. Dieses hat der Beschwerde mit Beschluss vom 16. September 2024 nicht abgeholfen und sie dem BVerwG zur Entscheidung vorgelegt. (Das Urteil ist somit noch nicht rechtskräftig.)
Im Jahr 2024 wuchs die AfD (Verdachtsfall) nach eigener Aussage um circa 10.000 Personen auf über 50.000 Mitglieder an. Da sich der bereits in den letzten Jahren beobachtete Prozess der ideologischen Harmonisierung der Partei ausweislich fortgesetzter verfassungsschutzrelevanter Äußerungen und Positionierungen von Parteifunktionären auch im Berichtsjahr fortgesetzt hat, ist davon auszugehen, dass mit dem Anstieg der Mitgliederzahl auch das extremistische Personenpotenzial in der AfD (Verdachtsfall) entsprechend zugenommen hat. Für die Homogenisierung spricht auch, dass liberalkonservative Positionen öffentlich kaum noch wahrnehmbar sind und die Positionen des sogenannten solidarisch-patriotischen Lagers inzwischen zumeist unwidersprochen vertreten werden.
In Verlautbarungen der AfD (Verdachtsfall) und ihrer Repräsentanten kommt vielfach ein völkisch-abstammungsmäßig geprägtes Volksverständnis zum Ausdruck, das im Widerspruch zum Volksverständnis des Grundgesetzes steht. Weiterhin nimmt die Behauptung eines vermeintlich politisch forcierten Verdrängungsprozesses zulasten der von der Partei als ethnisch-deutsch verstandenen Bevölkerung zentrale Bedeutung in ihrer Agitation ein. Darüber hinaus fanden sich auch 2024 zahlreiche fremden- und muslimfeindliche Positionen in den Verlautbarungen der AfD (Verdachtsfall). Insbesondere Asylsuchenden und Migrantinnen und Migranten aus islamisch geprägten Herkunftsländern wurden oftmals pauschal eine kulturelle Inkompatibilität und ein ausgeprägter Hang zur Kriminalität unterstellt. Diese rassistische Agitation zeigt sich beispielhaft in einem Beitrag des Bundesverbands auf dem Kurznachrichtendienst X, in welchem die AfD (Verdachtsfall) von einem migrationsinduzierten „Höllensommer“ sprach. Dazu veröffentlichte sie ein Bild, auf welchem der Arm eines nicht weißen Mannes mit einem blutverschmierten Messer dargestellt ist:

„Der ‚Höllensommer‘, den wir derzeit in Deutschland erleben, hat nichts mit dem Klima zu tun. Freibäder sind zu Angsträumen geworden, Messerattacken an der Tagesordnung, während die etablierten Parteien wegschauen.“
(Kurznachrichtendienst X, 7. September 2024)
Auch 2024 waren verfestigte Verbindungen zu Akteuren und Organisationen des extremistischen Teils der Neuen Rechten feststellbar. Darüber hinaus ist zunehmend eine internationale Vernetzung und eine Diffusion der Grenzen zwischen Partei und Vorfeldorganisationen zu beobachten.
Die 2013 gegründete „Junge Alternative für Deutschland“ (JA) war im Berichtsjahr die offizielle Jugendorganisation der AfD (Verdachtsfall2). Sie gliedert sich formal in 16 Landesverbände und erreichte 2024 mit einer Mitgliederzahl von rund 4.300 Personen nach Eigenangaben einen Rekordwert.
Die JA wurde seit Januar 2019 vom BfV zunächst als Verdachtsfall bearbeitet, was durch das VG Köln im März 2022 und im Mai 2024 auch durch das OVG Nordrhein-Westfalen bestätigt wurde. JA und AfD (Verdachtsfall) legten gegen die Nichtzulassung der Revision Beschwerde beim BVerwG ein. Im April 2023 stufte das BfV die JA als gesichert extremistische Bestrebung ein, wogegen diese Klage erhob und Eilrechtsschutz beim VG Köln begehrte. Dieses bewertete im Eilverfahren mit Beschluss vom 5. Februar 2024 die Einstufung durch das BfV als gesichert extremistische Bestrebung nach summarischer Prüfung als rechtmäßig.
Gegen den Beschluss haben JA und AfD (Verdachtsfall) außerdem Beschwerde beim OVG NRW eingereicht. Die Entscheidung in der Hauptsache wie auch die Entscheidung des OVG NRW über die Beschwerde stehen noch aus.
Das Gericht stellte fest, dass sich die tatsächlichen Anhaltspunkte seit seinem Urteil vom März 2022 zur Gewissheit verdichtet haben, dass eine zentrale politische Zielvorstellung der JA der Erhalt des deutschen Volkes in seinem ethnischen Bestand sei und ethnisch „Fremde“ nach Möglichkeit ausgeschlossen bleiben sollten. Ein dergestalt ethnisch-abstammungsmäßiger Volksbegriff verstoße gegen die Menschenwürde. Hinzu komme bei der JA eine fortgeführte massive ausländer- und insbesondere islam- und muslimfeindliche Agitation.
Thematisch fokussierte sich die JA 2024 auf die Forderung nach „Remigration“, die öffentlich in vielfältiger Weise verbreitet wurde. So beispielsweise im Zusammenhang mit statistischen Zahlen zum steigenden Anteil von Jugendlichen mit Migrationsgeschichte, die als „Bevölkerungsaustausch“ stilisiert werden:
„Der Bevölkerungsaustausch schreitet in erschreckender Geschwindigkeit (…) voran - besonders bei den Jungen. In vielen Großstädten drohen die Deutschen bei den unter 16-jährigen zur Minderheit zu werden, falls sie es nicht schon sind. Dieser Zustand ist untragbar. Deutschland (…) muss die Heimat der Deutschen bleiben. Das geht nur durch konsequente Grenzsicherung und umfassende Remigrationsmassnahmen.“
(Onlineplattform Instagram, 13. August 2024)
Die personellen und strukturellen Vernetzungen der JA zu Organisationen der Neuen Rechten nahmen im Berichtsjahr weiter zu. So war ein JA-Bundesvorstandsmitglied bei der Feier zum zehnjährigen Bestehen der „Identitären Bewegung Deutschland“ (IBD) am 1. Juni 2024 in Bernsdorf (Sachsen) anwesend. Außerdem traten Mitglieder des JA-Bundesvorstands 2024 in Sendungen und Beiträgen von „Ein Prozent e.V.“ sowie der „COMPACT-Magazin GmbH“ auf und besuchten Veranstaltungen des „Instituts für Staatspolitik“ (IfS).
1 Am 18. März 2025 gab „DIE RECHTE“ über ihren Telegram-Kanal die Selbstauflösung sämtlicher Kreis- und Landesverbände sowie der Gesamtpartei bekannt.
2 Auf einem außerordentlichen Bundeskongress am 1. Februar 2025 in Apolda (Thüringen) beschlossen die Mitglieder der JA einstimmig die Auflösung zum 31. März 2025. Diesem Beschluss zur Selbstauflösung war eine Entscheidung des Bundesparteitags der AfD (Verdachtsfall) vom 12. Januar 2025 in Riesa (Sachsen) vorausgegangen.
Rechtsextremistische Akteure der Neuen Rechten
Unter die Bezeichnung Neue Rechte wird ein informelles Netzwerk von Gruppierungen, Einzelpersonen und Organisationen gefasst, in dem nationalkonservative bis rechtsextremistische Kräfte zusammenwirken, um anhand unterschiedlicher Strategien teilweise antiliberale und antidemokratische Positionen in Gesellschaft und Politik durchzusetzen. Innerhalb des Netzwerks füllen diese Akteure unterschiedliche und teils komplementäre Rollen aus. Gemeinsames Ziel ist eine „Kulturrevolution von rechts“.
Die Vernetzung der Akteure der Neuen Rechten spiegelt sich auch in ihrem jeweiligen Selbstbild als Strategen (aufgelöstes und neu strukturiertes „Institut für Staatspolitik“, IfS), Journalisten („AUF1“ (Verdachtsfall), „COMPACT-Magazin GmbH“), Netzwerker („Ein Prozent e.V.“), Verleger („Verlag Antaios“) oder Aktivisten („Identitäre Bewegung Deutschland“, IBD) wider. Auch Verbindungen des aufgelösten und neu strukturierten IfS, von „Ein Prozent e.V.“ sowie der „COMPACT-Magazin GmbH“ in das Parteienspektrum, insbesondere zur „Alternative für Deutschland“ (AfD, Verdachtsfall) und deren Jugendorganisation „Junge Alternative für Deutschland“ (JA), sind bekannt. Ebenso bestehen auch Kooperationen der Neuen Rechten mit den „Freien Sachsen“.

Beim „Verlag Antaios“ haben sich die Anhaltspunkte für Rechtsextremismus im Berichtsjahr zur Gewissheit verdichtet, weshalb er nunmehr als gesichert rechtsextremistische Bestrebung bearbeitet wird.
Sowohl in den verlagseigenen Publikationen als auch im Rahmen der von ihm mitverantworteten Formate finden sich insbesondere das Verständnis von einer ethnisch-abstammungsmäßig definierten Volkszugehörigkeit sowie mitunter ausländerfeindliche, rassistische und geschichtsrevisionistische Inhalte. Der „Verlag Antaios“ hat außerdem im Berichtsjahr erfolgreich an der Platzierung des Begriffs „Remigration“ im allgemeinpolitischen Raum mitgewirkt.
Mehr zum Thema: „Das Netzwerk der Neuen Rechten“