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Linksextremismus.

Linksextremistisches Personenpotenzial

Das linksextremistische Personenpotenzial ist im Jahr 2021 nach Abzug von Mehrfachmitgliedschaften um 1,2 % auf insgesamt 34.700 Personen gestiegen. Mehr als jeder vierte Linksextremist ist als gewaltorientiert einzuschätzen.

Personenpotenzial im Linksextremismus 2019 bis 20211

Gruppierungen201920202021
Gewaltorientierte Linksextremisten9200960010300
davon Autonome740075008000
Nicht gewaltorientierte dogmatische und sonstige Linksextremisten253002580025500
Summe345003540035800
Nach Abzug von Mehrfachmitgliedschaften335003430034700
1 Die Zahlenangaben sind zum Teil geschätzt und gerundet.

Linksextremistisch motivierte Straf- und Gewalttaten

0 :Die Zahl linksextremistischer Straftaten ist 2021 weiter auf hohem Niveau. Mehr als jeder vierte Linksextremist gilt als gewaltorientiert.

Die Zahl linksextremistisch motivierter Straftaten hat sich mit 6.142 Delikten im Jahr 2021 trotz eines Rückgangs um 7,4 % auf einem hohen Niveau verfestigt (2020: 6.632). Die linksextremistischen Gewalttaten gingen um 20,2 % auf 987 Delikte zurück (2020: 1.237), nachdem sie im Vorjahr noch um 34,3 % zugenommen hatten.

Ein versuchtes Tötungsdelikt (2020: 5), 362 Körperverletzungsdelikte (2020: 423, -14,4 %) und 243 Widerstandsdelikte (2020: 213, + 14,1 %) verdeutlichen die nach wie vor hohe Gewaltbereitschaft im Linksextremismus. Mit 3.419 Delikten (2020: 3.734) ist die Sachbeschädigung weiterhin die häufigste von Linksextremisten begangene Straftat. Auch hier zeigte sich – genau wie bei den 159 erfassten Brandstiftungsdelikten (2020: 173) – ein Rückgang um rund 8 %.
Eine Abkehr in der Szene von der Gewalt ist nicht erkennbar. Vielmehr begehen einzelne gewaltbereite Gruppen immer erheblichere Straf- und Gewalttaten.

Die Begehung einer Vielzahl von Taten, die teils hemmungslose Gewaltanwendung und die Abschottung nach außen können bei ungehindertem Fortgang in eine Radikalisierungsspirale führen, die im schlimmsten Fall auch eine Entwicklung hin zu terroristischen Strukturen als möglich erscheinen lässt.

Unvermindert Anlass zur Sorge gibt die Entwicklung in den Szeneschwerpunkten Berlin, Hamburg und Leipzig. Aber auch in mehreren anderen Bundesländern gibt es Hinweise darauf, dass sich innerhalb der gewaltorientierten linksextremistischen Szene klandestin operierende Kleingruppen herausbilden. Diese begehen eigene Tatserien und schotten sich aufgrund ihrer gesteigerten Gewaltbereitschaft vom Rest der Szene ab. Bislang wesentliche Punkte wie die Vermittelbarkeit und Zielorientiertheit von Gewalt nur gegen Dinge und ohne Gefährdung Unbeteiligter spielen immer weniger eine Rolle. Gewalt wird als vermeintlich legitime „Gegenwehr“ gerechtfertigt. Die Tonlage hat sich insgesamt verschärft.

Linksextremistische Angriffe werden zielgerichteter und professioneller, die Opfer sind zunehmend auch auf einer persönlichen Ebene betroffen. Sie werden in ihrem privaten oder beruflichen Umfeld mit hoher Aggressivität attackiert, ihre Wohnungen, Geschäftsräume und Fahrzeuge gezielt beschädigt oder in Brand gesetzt. Daneben kommt es immer wieder zu direkten körperlichen Angriffen gegen politische Gegner oder Polizeibedienstete, wobei die Täter auch schwere körperliche Verletzungen verursachen. Einige Täter gehen bereits jetzt so brutal vor, dass sie auch den möglichen Tod der Opfer zumindest in Kauf nehmen.

Entwicklung der linksextremistischen Straf- und Gewalttaten in den Jahren 2019 bis 2021.

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"Mehr als jeder vierte Linksextremist ist gewaltorientiert – hier gab es eine Steigerung von über 7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf nunmehr 10.300 gewaltorientierte Linksextremisten! Im Fokus der gewaltorientierten Linksextremisten stehen nicht nur Polizistinnen und Polizisten, sondern seit Beginn des Krieges in der Ukraine zunehmend auch Rüstungsunternehmen und die Bundeswehr.“

Thomas Haldenwang
Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz

Mehr zum Thema: „Zahlen und Fakten“

„Antifaschistischer Kampf“

Der auch gewaltsam geführte „antifaschistische Kampf“ von Linksextremisten richtet sich gegen Personen oder Institutionen, die der eigenen ideologischen Weltsicht nach als „faschistisch“ angesehen werden.

Eine definitorische Schärfe fehlt, sodass in der Szene häufig jede politische Gegnerschaft schnell auch als faschistisch diffamiert wird. Regelmäßig werden tatsächliche oder von der Szene als solche ausgemachte Rechtsextremisten, aber immer auch der Staat und seine freiheitliche demokratische Grundordnung als „faschistisch“ bezeichnet.

Die Bandbreite der Taten reicht hier von „Outings“ im Internet über Bedrohungen, Beschädigung oder Zerstörung von Eigentum, Brandstiftungen an Fahrzeugen oder Trefforten bis hin zu brutalen körperlichen Angriffen auf als „faschistisch“ ausgemachte Personen, häufig auch in deren privatem Umfeld.

  • Am Morgen des 11. März 2021 klingelten fünf als Polizisten verkleidete Personen an der Tür des Mehrfamilienhauses, in dem der Bundesvorsitzende der NPD-Jugendorganisation „Junge Nationalisten“ (JN) wohnt. In der Wohnung fügten die Täter ihm durch mehrere Schläge mit einem Hammer eine Platzwunde am Kopf und starke Prellungen und Hämatome an den Fußgelenken zu, die stationär im Krankenhaus versorgt werden mussten.
  • In den frühen Morgenstunden des 28. Mai 2021 überfielen vier bis fünf ebenfalls als Polizisten  verkleidete Personen einen bekannten Rechtsextremisten in seiner Wohnung, zu der sie sich mit einer Ramme gewaltsam Zutritt verschafften. In der Wohnung fesselten sie das Opfer und dessen ebenfalls anwesende Lebensgefährtin. Die Täter schlugen ihm gezielt auf Kopf und Beine und übergossen ihn und Teile der Wohnung danach mit einer ätzenden Flüssigkeit.

Mit ihren Angriffen wollen linksextremistische Gewalttäter nicht nur ihrem konkreten Opfer schaden. Durch den andauernden, gewaltsam geführten „antifaschistischen Kampf“ soll in der „rechten“ und rechtsextremistischen Szene ein stetes Gefühl der Angst erzeugt werden. Der politische Gegner soll um jeden Preis aus der Öffentlichkeit gedrängt und von der Bekundung unliebsamer Meinungen abgehalten werden. Für Linksextremisten ist Gewalt im „Antifaschismus“ ein legitimes und erforderliches Mittel.

Die Aufnahme eine Demonstration am 27.11.2017 in Berlin
picture alliance / Eventpress | Eventpress Golejewski [2017]

Mehr zum Thema: „Die Antifa: antifaschistischer Kampf im Linksextremismus“

Im Jahr 2021 richtete sich fast die Hälfte aller linksextremistischen Straftaten gegen tatsächliche oder als solche ausgemachte Rechtsextremisten, darunter 150 Körperverletzungen und 25 Brandstiftungen.

Im Kampf gegen den bei Linksextremisten verhassten Staat ist die Polizei das zentrale Feindbild gewaltorientierter Linksextremisten. Gegen ihre Einsatzkräfte, Fahrzeuge und Einrichtungen richten sich mit Abstand die meisten linksextremistischen Gewalttaten. Aus Sicht von Linksextremisten steht dabei jede verletzte Polizeikraft für eine Schwächung des „Repressionsstaates“ und gleichzeitig für eine Demonstration der eigenen Stärke.

  • Am 1. Mai 2021 kam es in mehreren Städten zu Ausschreitungen und Angriffen auf die Polizei; rund 100 Einsatzkräfte wurden verletzt. Bei der traditionellen „Revolutionären 1. Mai- Demo“ in Berlin wurden Polizeibeamte mit Flaschen, Steinen und Böllern beworfen und auch direkt körperlich angegriffen.
  • In der Nacht auf den 6. Juni 2021 warfen mutmaßliche Linksextremisten in Bremen mehrere Brandsätze auf das Gelände der Bereitschaftspolizei und setzten damit dort abgestellte Polizeifahrzeuge in Brand. In einem am nächsten Tag veröffentlichten Selbstbezichtigungsschreiben wird der Hass der Verfasser auf die Polizei deutlich

„Es traf die Ausrüstung jener Schweine, die zur Durchsetzung von Repression in die Stadt geschickt werden. In so vielen Momenten stehen wir den Bereitschaftsbullen mit Hass und Ohnmacht entgegen. Die Sabotage ist ein würdevoller Angriff gegen den übermächtigen Feind. (…) Die Bullen ernten unseren Hass, weil sie die Verhältnisse verkörpern.“ Internetplattform „endofroad.blackblogs.org“, 7. Juni 2021

Kampf um linksextremistische „Freiräume“

Eine besondere Bedeutung für autonome Linksextremisten hat die „Eroberung“ und Verteidigung von „Freiräumen” als Orte, an denen sie selbst über die Regeln des gesellschaftlichen Zusammenlebens bestimmen wollen. Dies können besetzte Häuser, kollektive „Wohnprojekte“ und selbstverwaltete Kulturzentren sein, die als Symbole des Widerstands frei von staatlicher Überwachung, Einflussnahme und „kapitalistischer Verwertungslogik“ betrachtet werden. Staatlichen Eingriffe werden als Angriff verstanden. Dabei dienen „Freiräume“ gewaltorientierten Linksextremisten auch als Ausgangspunkt und Rückzugsort bei Straftaten und „militanten Aktionen“.

Demonstrierende Personen mit einem schwarzen Transparent mit der Aufschrift "wir sind unregierbar" am 23.03.2021
picture alliance / Paul Zinken Demonstration am 23.03.2021 in Berlin

Mehr zum Thema: „Hohes Gewaltpotenzial im Kampf um linksextremistische Freiräume“

Durch das Auslaufen von Nutzungs- oder Mietverträgen, Eigentümerwechsel oder Umstrukturierungsvorhaben in der näheren Umgebung gerät die Szene in ihren selbsternannten „Freiräumen“ zunehmend unter Druck. Hinzu kommen staatliche Maßnahmen wie Durchsuchungen, Begehungen oder Räumungen. Dies manifestierte sich 2021 vor allem in Berlin durch die Räumung des Szeneobjekts „Meuterei“ und des „Köpi-Wagenplatzes“. Auch durch eine Brandschutzbegehung im Szeneobjekt „Rigaer94“ fand unter massiver linksextremistischer Gegenwehr statt.

Gewaltbereite Linksextremisten reagieren auf solche Maßnahmen – selbst bei Räumungen von Objekten, die für die Szene von eher untergeordneter Relevanz sind – regelmäßig mit gewaltsamen Protesten, Sachbeschädigungen oder Brandanschlägen auf beteiligte Unternehmen, „Luxusimmobilien“ oder die Polizei. Der „Preis“ für entsprechende politische oder wirtschaftliche Entscheidungen soll auf diese Weise „in die Höhe getrieben“ und Entscheidungen treffende Instanzen beeinflusst werden. Hinzu kommen persönliche Drohungen gegen mutmaßlich Verantwortliche und Angriffe auf Polizeikräfte.

Demonstrierende Personen am 15.10.2021 in Berlin mit einem schwarzen Transparent und der Aufschrift "Solidarität mit der Köpi"
picture alliance / Jonas Walzberg Demonstration am 15.10.2021 in Berlin
  • Im Zusammenhang mit der bevorstehenden Räumung des „Köpi-Wagenplatzes“ setzten unbekannte Täter am 12. Oktober 2021 in Berlin einen Reifenstapel in der Nähe des Szeneobjekts „Rigaer94“ in Brand. Zusätzlich blockierten sie eine Straße mit einem Transparent, auf dem unter anderem ein Anarchiezeichen und die Abkürzung „ACAT“ (All Cops Are Targets) zu sehen waren. Eintreffende Einsatzkräfte der Polizei wurden aus den umliegenden Häusern heraus massiv mit Pflastersteinen beworfen. Feuerwehrkräfte mussten von der Polizei vor Steinwürfen geschützt werden, um den Brand löschen zu können.
  • Bei einer Brandschutzbegehung im Szeneobjekt „Rigaer94“ im Juni 2021 wurden Einsatzkräfte der Polizei über zwei Tage hinweg massiv mit pyrotechnischen Gegenständen, Feuerlöschmitteln, Steinen, Flaschen und Farbe angegriffen. Insgesamt wurden 85 Polizeikräfte verletzt.

Linksextremistisch motivierte Brandstiftungen oder Sachbeschädigungen an Fahrzeugen, Maschinen oder Infrastruktur von Wirtschaftsunternehmen verursachen in Deutschland jedes Jahr Sachschäden in Millionenhöhe. Neben konkreten Anlässen im Einzelfall soll damit das „kapitalistische System“ als „Ursprung allen Übels“ bekämpft werden. Viele Wirtschaftsunternehmen werden als „Erfüllungsgehilfen“ des Staates angesehen und mit der gleichen Intensität bekämpft wie staatliche Ziele.

  • Am 26. Mai 2021 wurde etwa auf die im Bau befindliche „Tesla Gigafactory“ in Grünheide (Brandenburg) ein Brandanschlag auf die Stromeinspeisung verübt. In dem am selben Tag veröffentlichten Selbstbezichtigungsschreiben heißt es, die Produktion von Elektrofahrzeugen sei „nur ein neuer Beitrag zur weiteren Zerstörung des Planeten“.
  • In der Nacht auf den 21. Mai 2021 verübten mutmaßliche Linksextremisten auf einer Baustelle in München einen Brandanschlag auf für Bauarbeiten freigelegte Stromleitungen. Dadurch verursachten sie massive Schäden an der städtischen Stromversorgung. 20.000 Haushalte und Gewerbetreibende waren zeitweise ohne Strom.
  • In der Nacht auf den 11. August 2021 setzten mutmaßliche Linksextremisten in einem Zeitraum von etwa 20 Minuten in fünf verschiedenen Berliner Stadtbezirken fünf Firmenfahrzeuge eines Immobilienunternehmens in Brand. Durch die Brandwirkung wurden neun weitere private Fahrzeuge, die in der Nähe geparkt waren, stark beschädigt und zum Teil vollständig zerstört.
  • In Zusammenhang mit der Internationalen Automobilausstellung (IAA), die vom 7. bis 12. September 2021 in München stattfand, bekannten sich am 9. September 2021 anonyme Autoren auf „de.indymedia“ dazu, die Privatadresse des Vorstandsvorsitzenden der Volkswagen AG aufgesucht und das Wohnhaus mit Farbe beschmiert zu haben. Die IAA verkörpere „das Herzstück des deutschen Kapitalismus“ und stehe „für eine beispiellose Verbindung von Nationalismus, Sexismus und Profitzwang“.

Einflussnahme auf demokratische Diskurse

Mit ihrem vermeintlichen Engagement für den Klimaschutz versuchen Linksextremisten aus verschiedenen Teilen der Szene, demokratische Diskurse zu verschieben, sie um ihre eigenen ideologischen Positionen zu ergänzen, gesellschaftlichen Protest zu radikalisieren und den Staat und seine Institutionen zu delegitimieren.

Gewaltorientierte Linksextremisten versuchen mithilfe von Aktionsbündnissen, Einfluss auf die Proteste zu nehmen. Eine maßgebliche Rolle kommt dabei dem von der „Interventionistischen Linken“ (IL) beeinflussten Bündnis „Ende Gelände“ (EG) zu. Neben dem Braunkohleabbau stand 2021 als weiteres Aktionsthema erstmals auch der fossile Brennstoff Erdgas im Fokus.

Vor dem Hintergrund vermeintlich ausbleibender konkreter klimapolitischer Erfolge versuchen Linksextremisten, ihre Aktionsformen einschließlich der Begehung von Straf- und Gewalttaten als legitimes Mittel im politischen Meinungskampf zu rechtfertigen und deuten dazu den Begriff „ziviler Ungehorsam“ um. Hierdurch wird vorsätzlich ausgeübter und mitunter gewaltsamer Widerstand gegen das demokratisch legitimierte staatliche Gewaltmonopol in eine Reihe mit Menschen- und Bürgerrechtsbewegungen gestellt, die gewaltlos gegen Unrechtssysteme protestieren.

Internationale Vernetzung

Die Aufnahme zeigt einen Protestmarsch am 27.11.2021 in Berlin mit dem Transparent "Der Kampf um Befreiung bleibt international"
picture alliance / zumapress.com | Jakub Podkowiak Demonstration am 27.11.2021 in Berlin

Auch im Jahr 2021 konnten Bestrebungen der linksextremistischen Szene beobachtet werden, die eigene Reichweite durch internationale Vernetzung zu erhöhen. Neben losen Kennverhältnissen durch die gemeinsame politische Arbeit finden regelmäßig ein ideologischer Austausch, etwa in Form von anarchistischen Buchmessen, sowie ein taktischer Austausch, zum Beispiel bei sogenannten Skillsharing-Camps, statt.

Zudem bieten Proteste bei internationalen Großereignissen oder das solidarische Vorgehen gegen staatliche Maßnahmen wie Räumungen oder Gerichtsverfahren traditionell ein hohes Mobilisierungs- und Vernetzungspotenzial. Ein anderer kooperativer Ansatz zielt darauf ab, grenzüberschreitende Organisationsstrukturen zu etablieren oder Kampagnen zu initiieren.

Militante Aktionen zu den Wahlen 2021

0 :Straftaten begingen Linksextremisten anlässlich von Bundes- und Landtagswahlen 2021.

Im Zusammenhang mit der Wahl zum 20. Deutschen Bundestag, an der auch drei linksextremistische Parteien teilnahmen, sowie auch den Landtagswahlen im Jahr 2021 begingen Linksextremisten eine Vielzahl teils militanter Protestaktionen sowie 1.450 Straftaten – überwiegend zum Nachteil der zur Wahl angetretenen Parteien.

In den meisten Fällen handelte es sich dabei um entwendete oder beschädigte Wahlplakate. Darüber hinaus kam es aber auch zu Störungen von Wahlkampfveranstaltungen und Blockaden von Informationsständen sowie zu Sachbeschädigungen und Brandstiftungen an Parteieinrichtungen, „Outings“ von als „faschistisch“ ausgemachten Politikern und in Einzelfällen zu körperlichen Angriffen auf Wahlkämpfende.

  • In der Nacht vom 28. auf den 29. Mai 2021 beschädigten unbekannte Täter das Büro der SPD in Haltern (Nordrhein-Westfalen). Sie zerstörten Scheiben und beschmierten die Fassade. Auf „de.indymedia“ wurde am 29. Mai 2021 ein Selbstbezichtigungsschreiben mit dem Titel „TSG abschaffen – SPD Büro in Haltern angegriffen!“ veröffentlicht. Die unbekannten Autoren führen darin aus, dass sie das SPD-Büro angegriffen hätten, um ihre „Ohnmacht“ und „Wut“ darüber auszudrücken, dass sich die SPD „lieber für einen bald irrelevanten Koalitionsvertrag einsetzt, als trans* freundliche Politik zu machen“.
  • Am 2. Oktober 2021 verübten mutmaßliche Linksextremisten einen Brandanschlag auf das Fahrzeug eines AfD-Politikers aus Kassel. In einem Beitrag auf „de.indymedia“ mit dem Titel „ks: brandanschlag auf afd vorsitzenden“ bekennen sich anonyme Autoren zur Tat und bedauern, dass „das gelegte feuer nicht vollständig auf das auto des faschisten“ übergegriffen habe.

Linksextremisten und Coronapandemie

Die linksextremistische Szene hat auch im zweiten Jahr keine eigene Position zu Ursachen und Wirkung der Coronapandemie entwickelt. Mit dem Rückgang des Protestgeschehens im Sommer 2021 nahmen auch die Straftaten gegen als „Faschisten“ ausgemachte Teilnehmer der sogenannten Coronademonstrationen ab. Eigene traditionelle Veranstaltungen der Szene fanden zumindest teilweise wieder statt.

„Rote Hilfe e. V.“ größte Gruppierung im Linksextremismus

Logo Rote Hilfe e.V.

Die größte und eine der wichtigsten Gruppierungen im deutschen Linksextremismus bleibt die „Rote Hilfe e.V.“ (RH) mit rund 12.100 Mitgliedern und bundesweit etwa 50 Ortsgruppen. Innerhalb der letzten vier Jahre hat die RH einen starken Mitgliederzuwachs erfahren (2020: 11.000, 2019: 10.500, 2018: 9.200, 2017: 8.300).

Ihr primäres Betätigungsfeld ist die Unterstützung von linksextremistischen Straftätern sowohl im Strafverfahren als auch während der Haftzeit. Sie bietet ihnen politischen und sozialen Rückhalt und leistet juristische sowie finanzielle Unterstützung. Ihre Agitation zielt darauf ab, das strafrechtliche Abschreckungspotenzial zu mindern und die Legitimität des demokratischen Verfassungsstaates infrage zu stellen.

Daneben versuchte die RH, durch intensive Öffentlichkeitsarbeit Einfluss auf die Meinungsbildung zu nehmen und den Rechtsstaat zu delegitimieren, indem sie ihm einen „repressiven Charakter“ unterstellt und Gerichtsentscheidungen als politisch motivierte Klassenjustiz abqualifiziert:

„Durch derartig hohe Haftstrafen, die rein politisch motiviert sind, soll die antifaschistische Bewegung eingeschüchtert und Aktivist*innen von ihrem Engagement gegen Nazis abgehalten werden.“ Homepage der „Roten Hilfe e.V.“, 13. Oktober 2021

Linksextremisten benötigen die öffentliche Aufmerksamkeit zur Verbreitung ihrer Ideologie. Gewaltorientierte Linksextremisten brauchen zudem eine Plattform, um Straf- und Gewalttaten öffentlich vermitteln und ihren Forderungen Nachdruck verleihen zu können.

Nach dem Verbot von „linksunten.indymedia“ im August 2017 hat sich die linksextremistische Internetplattform „de.indymedia“ zum wichtigsten Informations- und Propagandamedium für die linksextremistische Szene im deutschsprachigen Raum entwickelt. Eine Vielzahl an Beiträgen weist einen Bezug zu linksextremistischer Gewalt und Straftaten auf oder sind selbst von ihrem Inhalt her strafrechtlich relevant sind. Neben Selbstbezichtigungsschreiben werden über „de.indymedia“ immer wieder Bilder und personenbezogene Daten „unliebsamer Personen“ im Rahmen von „Outings“ veröffentlicht.

Also widmeten wir uns in der Nacht vom 16. auf den 17. September mit einigen Litern Benzin dem Ingenieurbüro [Name genannt] in der Albertstadt. Wir schlugen zwei Scheiben ein und legten Brandsätze in den Räumen ab. Wir hoffen, dass durch den Brand der reibungslose Ablauf weiterer Knastplanungen gestört werden konnte und die Firma versteht: Wer am Bau von Knästen verdient, wird die Konsequenzen tragen müssen! Auf dem Gelände fanden wir zusätzlich noch einen Bonzenschlitten, wir setzten ihn kurzerhand in Brand. (…) Wir danken den Genoss*innen, die Faschisten verprügeln! (…) Freiheit für alle Gefangenen! Für die Anarchie!“ Internetplattform „de.indymedia“, 18. September 2021

In der Gesamtschau lassen die Beiträge auf „de.indymedia“ eindeutig eine verfassungsfeindliche Linie erkennen, welche in der Bearbeitung der Plattform als gesicherte linksextremistische Bestrebung resultiert.